Der Bezug auf vorhergehende Generationen und Vorbilder ist in der Geschichte der Bildenden Kunst gang und gäbe. Über lange Zeit war das Kopieren der Klassik und der Alten Meister sogar ein wesentlicher Bestandteil der künstlerischen Ausbildung. Wenn sich Martin Noël (1956–2010) auf das Werk von Otto Freundlich (1878–1943) bezieht, betritt er dennoch Neuland und findet zu eigenständigen Lösungen, die auf beide Künstler ein auf­schlussreiches Licht werfen. Noël erkannte die Modernität Otto Freundlichs und sah in ihm einen Weggefährten.

Martin Noël leitete seine Motive aus der sichtbaren Alltagswelt ab. Er folgte ihren Konturen, legte Linien frei und erschuf daraus eine faszinierende Welt abstrakter Formen. Das Wechselspiel von Linie und Fläche sollte seine kontrastreichen Holzschnitte über Jahre dominieren. Ab 2002 beschäftigte sich Noël intensiv mit Leben und Werk Otto Freundlichs. In der Zeit bis zu seinem Tod entstanden etwa 200 Werke, die sich explizit auf diesen Künstler beziehen.

Otto Freundlich wurde in eine jüdisch assimiliert lebende Familie hineingeboren. Sein innovatives Œuvre, das Gemälde, Skulpturen, Mosaike und Glasfenster umfasst, wie auch seine politisch-philosophischen Schriften machen ihn zu einem Wegbereiter der Moderne. Er gilt als Impulsgeber einer geometrisierenden Abstraktion, deren Formensprache sich aus kleinen Elementen zusammensetzt, und die ihm als Synthese seiner künstlerischen wie sozialen Überzeugung erschien. Die Nationalsozialisten fühlten sich durch seine Schriften provoziert und verfemten seine Bildsprache. Eines seiner Werke hat seine entwürdigende Popularität durch das Katalogheft zur Ausstellung „Entartete Kunst“ aus dem Jahr 1937 erhalten, dem es als Titelmotiv diente.

Mit dieser Gegenüberstellung möchte das Kunstmuseum Villa Zanders nicht nur dem Werk Martin NoëIs nach der Präsentation seiner Holzschnitte im Jahr 1994 in weiteren Facetten näherkommen, sondern auch dazu beitragen, die Bedeutung Otto Freundlichs als Künstler, Mensch und Idealist stärker ins öffentliche Bewusstsein zu holen.

Es erscheint ein Katalogbuch in Deutsch und Englisch mit Beiträgen von Joachim Heusinger von Waldegg, Maria Müller-Schareck und Petra Oelschlägel, hrsg. vom Verlag Kettler, Dortmund. Museumspreis 29 Euro.

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