Mit dem Jahresthema 2024 Zwischen Vergangenheit und Zukunft schließt die Kestner Gesellschaft die Trilogie ihrer Selbstreflexion ab, die im Jahr 2022 mit der Untersuchung des Begriffs der Zärtlichkeit (Olga Tokarczuk) begann und mit der Ausstellungsreihe zum Begriff der Anabasis (Paul Celan) im Jahr 2023 fortgesetzt wurde.

Amor Mundi und acht Übungen zum politischen Denken Zwischen Vergangenheit und Zukunft von einer der bedeutendsten Denkerinnen der heutigen Zeit, der in Hannover geborenen Hannah Arendt (1906–1975), gelten als Meistererzählungen für das diesjährige Ausstellungsprogramm und bilden einen Bezugsrahmen für die Zukunft.

Die Ausstellung TODAY von Roger Hiorns eröffnet dieses Programm, indem sie unsere Erfahrung von Autorität untersucht. Der Begriff der Autorität, die autoritären Systeme und die Kontrolle, die sie auferlegen, stehen im Mittelpunkt seiner vielschichtigen Praxis. Für Hiorns trägt die Betrachtung von Ungehorsam und Norm, Demut und Widerstand zum Verständnis der drei »Verluste« bei, über die Arendt schreibt: den Verlust der Tradition, den Verlust der Religion und den Verlust der Autorität. In »Was ist Autorität?« stellt Arendt fest, dass unser Unvermögen, Autorität zu verstehen, in der Tat symptomatisch für unsere Unfähigkeit ist, Demokratie und ihr zentrales Bekenntnis zur Freiheit zu verstehen. »Wir setzen fälschlicherweise Macht mit Unterordnung und Unterordnung mit Zwang gleich«, erklärt sie. Autorität ist natürlich hierarchisch, aber sie übt keinen Zwang aus. Arendt untersucht die Möglichkeit von Macht ohne Zwang und Freiheit ohne Kontrolle; sie bietet eine Alternative zu bestehenden Formen der Autorität, die uns mit der Möglichkeit und sogar der Notwendigkeit konfrontiert, menschliche Fähigkeiten zum »Aufbauen, Bewahren und Pflegen« zu entwickeln.

Die Kestner Gesellschaft präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung des britischen Künstlers Roger Hiorns in Deutschland. Hiorns’ Werk ist eine nachdenkliche Reflexion über die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens und die Matrix der politischen und autoritären Strukturen, die es bedingen und kontrollieren. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die morgendliche BBC Radiosendung »Today«, die als Soundinstallation zu hören ist und die die gesamte Inszenierung in einen aktuellen politischen Kontext setzt.

In Halle 1 ist eine Auswahl seiner berühmten, großformatigen Gemälde aus der Serie Pathways zu sehen. Sie zeigen Darstellungen von sexuellen Akten zwischen mehreren männlichen Figuren. Die Form der gestischen Malerei hält die mageren, bleichen Körper anonym und eher abstrakt. Sie interagieren in einem orgiastischen Rausch, wie ein wilder, okkulter Tanz, der hier in einem Momentbild festgehalten wird.

In Halle 2 sehen wir lebende Skulpturen der Serie Youth von Roger Hiorns. Diese Kunstwerke bestehen aus Objekten (Düsentriebwerke, Röntgengeräte oder Kühlschränke) und jungen, nackten männlichen Körpern, die sie »besetzen«. Ein stiller Dialog, der zwischen Mensch und Maschine geführt wird, weckt Assoziationen von Macht, Autorität, Gehorsam, Krieg und Sexualität. Im Zusammenspiel mit anderen Werken, wie den Gemälden aus der Serie Prayer Paintings oder seinen Schaum Skulpturen, lehnt sich Hiorns gegen den moralischen Blick der Gesellschaft auf, um das »Verworfene« aufzuzeigen und so zur Wahrheit zu gelangen. Leider können Sie unsere Jugend nur zu ausgewählten Zeiten in unserer Ausstellung sehen. Bitte erkundigen Sie sich bei der Rezeption oder lassen Sie sich einfach überraschen.

Roger Hiorns, 1975 in Birmingham, England, geboren, lebt und arbeitet in London. Er erwarb 1996 seinen BA (Hons) in Bildender Kunst am Goldsmiths College, University of London. Seine Werke wurden in internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Darunter die Biennale von Venedig, das MoMA PS1, New York, die Tate Modern, London, das Armand Hammer Museum of Art an der UCLA, Los Angeles, das Walker Art Center, Minneapolis, und De Hallen, Haarlem. Hiorns’ Werke befinden sich in institutionellen Sammlungen wie dem Museum of Modern Art, New York, dem Art Institute of Chicago, dem Frans Hals Museum, Haarlem und der Tate Modern, London. Im Jahr 2009 wurde Hiorns für den Turner Prize nominiert

Kuratoren: Adam Budak, Robert Knoke

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