Mit »Nike: Form Follows Motion« präsentiert das Vitra Design Museum die erste Museumsschau über Nike, die größte Sportmarke weltweit. Die Ausstellung verfolgt den Aufstieg des Unternehmens von einem lokalen Start-up zu einem globalen Phänomen und legt den Fokus auf Nikes faszinierende Designgeschichte. Diese reicht von den experimentellen Anfängen in den 1960er-Jahren und dem Entwurf des berühmten »Swoosh«-Logos Anfang der 1970er über Innovationen wie die Air-Sohle bis hin zu aktuellen Forschungen zu Nachhaltigkeit und neuen Materialien. Zugleich untersucht die Ausstellung die Rolle des Sports in unserer Gesellschaft sowie die fast mythische Verehrung von Sneakers und Sportmode in Popkultur und sozialen Medien. »Nike: Form Follows Motion« schließt damit an einen Sommer der sportlichen Großereignisse an, der von den Olympischen- sowie Paralympischen Spielen in Paris und der Fussball-Europameisterschaft in Deutschland geprägt ist. Die Ausstellung wurde vom Vitra Design Museum initiiert und produziert; Kurator ist der international renommierte Designhistoriker Glenn Adamson. 

Seit der Gründung im Jahr 1972 hat sich das nach der griechischen Siegesgöttin Nike benannte Unternehmen zur weltweit größten Sportmarke entwickelt. Mit einem Jahresumsatz von über 50 Milliarden US-Dollar ist Nike auch das größte Bekleidungsunternehmen der Welt. Design hat einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg: Nike-Produkte sind im Alltag sichtbar wohin man schaut, oft geprägt durch das Zusammenspiel dynamischer Formen, innovativer Materialien und eines hochwirksamen Brandings. Die meisten Produkte werden am Hauptsitz des Unternehmens außerhalb von Portland im US-Bundesstaat Oregon entwickelt. Hier arbeiten Hunderte von DesignerInnen mit WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen aus zahlreichen Disziplinen zusammen, von Materialwissenschaft über Physik bis hin zu Biomechanik. Die Ausstellung »Nike: Form Follows Motion« wirft erstmals einen Blick hinter die Kulissen dieser Designlabore.  

Die meisten Exponate stammen aus dem Department of Nike Archives (DNA), dem firmeneigenen Archiv, das mehr als 200.000 Objekte umfasst. Zum ersten Mal überhaupt präsentiert die Ausstellung eine kuratierte Auswahl aus diesen Beständen der Öffentlichkeit. Zu den gezeigten Unikaten und Raritäten zählen experimentelle Prototypen von Modellen wie dem Waffle Trainer, dem Air Force 1 und dem Shox; ebenso veranschaulichen Originalzeichnungen, Designstudien, historische Filme und Fotografien die Arbeit der DesignerInnen bei Nike. Namen wie Diane Katz, Tinker Hatfield und Eric Avar sind fest mit dem Unternehmen verbunden, das immer wieder auch externe GestalterInnen wie Marc Newson, Comme des Garçons oder Virgil Abloh hinzugezogen hat. Auch die Zusammenarbeit mit AthletInnen im Designprozess – aus dem Leistungssport wie dem Breitensport – wird dabei unter die Lupe genommen.

Die Ausstellung ist chronologisch in vier Abschnitte gegliedert. Der erste Teil präsentiert unter dem Titel »Track« die Anfänge der Unternehmensgeschichte und taucht dafür tief in die Archivbestände ein. Gegründet wurde Nike von Phil Knight, der zu Collegezeiten selbst aktiver Läufer war, und dessen ehemaligem Trainer Bill Bowerman. Ihre ersten Angestellten – und der größte Teil ihrer Kundschaft – waren Freizeit- und College-SportlerInnen sowie einige Sportprofis, die die Marke allmählich bekannter machten. Der Designprozess war ebenso »hands-on« wie die Vermarktung: Nike-VertreterInnen brachten die Schuhe zum Testen mit zu Leichtathletikwettkämpfen. In diesem Ausstellungsbereich werden die Entstehung der Designkultur von Nike sowie die ersten Schlüsselmomente der Firmengeschichte dargestellt, etwa die Entwicklung der ersten Waffel-Sohle in der Küche von Bill Bowerman oder die Geschichte der Tigerbelles, einem Team schwarzer Athletinnen an der Tennessee State University, mit denen Nike einen der ersten Kooperationsverträge abschloss. Aus diesen frühen Jahren stammt auch das bei Nike heute noch gültige Prinzip, in Forschung und Design eng mit AthletInnen zusammenzuarbeiten.  

Der zweite Raum, »Air«, ist den 1980er-Jahren gewidmet, als Nike der internationale Durchbruch gelang. Ausgehend von der Leichtathletik erreichte das Unternehmen nun auch andere Sportarten, darunter zunächst Basketball, dann Tennis, Fußball und Skateboarding. Vorangetrieben wurde diese Entwicklung durch Kooperationen mit SportlerInnen wie Michael Jordan, Andre Agassi und Serena Williams. Gleichzeitig wuchs das Ansehen der Marke in der Musikszene und der Popkultur, nicht zuletzt durch die innovativen Fernsehspots der Werbeagentur Wieden + Kennedy, die oft auf prominente Popstars zurückgriffen. Das Fundament für Nikes Aufstieg legte in dieser Ära jedoch die Entwicklung der Air-Sohle, die mit ihren gasgefüllten Druckkapseln für eine bessere Dämpfung der Schuhe sorgte. Anfänglich war diese Technologie noch in der Sohle verborgen, doch als der Air Max sie 1987 in den Blick rückte, wurde sie ein durchschlagender Erfolg. In der Ausstellung wird die Entwicklung der Air-Sohle anhand zahlreicher Exponate veranschaulicht, darunter Prototypen der Luftkissen sowie ein Testgerät des früheren NASA-Ingenieurs Frank Rudy, der mit dieser Technologie an Nike herangetreten war. 

Der dritte Ausstellungsbereich, »Sensation«, blickt auf die Entwicklung von Nike ab den 1990er-Jahren. Die Sensorik und Nachhaltigkeit der Produkte tritt zunehmend in den Vordergrund, und mit dem Nike Sport Research Lab (NSRL) entsteht ein High-Tech Labor für die wissenschaftliche Grundlagenforschung zum menschlichen Körper in Bewegung, das bis heute eine zentrale Rolle in der Produktentwicklung bei Nike spielt. Etliche der wichtigsten Innovationen bei Nike sind aus diesem Labor entstanden, etwa die Nike Free Serie, die das Gefühl des Barfusslaufens nachahmt, und der Vaporfly, ein Laufschuh für den Hochleistungssport. Auch hier spielen Materialinnovationen eine zentrale Rolle – etwa das Flyknit-Prinzip, eine digital unterstützte 3D-Stricktechnologie, die völlig neue, nahtlose Formteile ermöglicht und damit den Verschnitt bei der Produktion minimiert. Auch andere Aspekte der Nachhaltigkeit in Nikes Designprozess werden in diesem Bereich untersucht, etwa das Material Nike Grind – ein Granulat aus recycelten Produkten, das für unterschiedlichste Zwecke verwendet werden kann – sowie die historische Entwicklung des Unternehmens von den ersten Recyclingprojekten Anfang der 2000er-Jahre bis hin zur aktuellen „Move-to-Zero“-Initiative. 

Der vierte und letzte Ausstellungsteil betrachtet unter dem Titel »Relation« die vielen Bezüge, die die Designkultur bei Nike bis heute prägen – Einflüsse von außen auf das Unternehmen und seine GestalterInnen, aber genauso Interaktionen der Nike-DesignerInnen mit Kreativen, darunter Virgil Abloh, Hella Jongerius, Comme des Garçons oder Marc Newson. Insgesamt 50 prägnante Produktkooperationen aus der Nike-Geschichte veranschaulichen die enge Verflechtung des Unternehmens mit Subkulturen und Communitys, die ebenso die gesellschaftlichen Veränderungen und Diskurse über Diversität oder Inklusion widerspiegeln. Auch anhand von Musikvideos sowie von Filmen einzelner NutzerInnen untersucht dieser Bereich, welche Rolle eine Marke wie Nike heute – gerade in Jugendkulturen – für die Konstruktion von Identitäten und Weltanschauungen spielt. Dabei wird einmal mehr deutlich, dass es bei Design in der Welt des Sports nicht nur um Leistung geht, sondern immer auch um Körperideale, um Teilhabe, um Selbstausdruck und um das zutiefst menschliche Bedürfnis, Grenzen zu verschieben und Neues zu entdecken. 

Mateo Kries, Direktor des Vitra Design Museums: »Wir wollten schon lange eine Ausstellung über Design und Sport machen. Als wir darüber mit Nike sprachen, erfuhren wir mehr über ihr unglaubliches Designarchiv – einen riesigen Schatz, der noch nie in einer Ausstellung präsentiert worden war. So entstand die Idee zu dieser Ausstellung. Sie bietet die einzigartige Möglichkeit, die Verbindung von Design und Sport unter dem Brennglas einer einzelnen Marke zu untersuchen und dabei auf einen großartigen Fundus an Objekten zurückzugreifen, von denen man viele noch nie gesehen hat.« 

Glenn Adamson, Kurator der Ausstellung: »Neben der Entwicklung ikonischer Produkte untersuchen wir auch den gesellschaftlichen und geschichtlichen Kontext rund um Nike. Sport hat in den letzten 50 Jahren einen enormen Einfluss auf unsere Körperwahrnehmung gehabt, auch über die Rennstrecke und das Spielfeld hinaus, beispielsweise auf das Verständnis von Geschlechterrollen. Unsere Ausstellung zeigt, wie das Unternehmen diese Entwicklung mit angestoßen hat und sich dabei selbst vom ursprünglichen Schwerpunkt auf Performance hin zu mehr Diversität und Inklusion entwickelt hat. Mit der Untersuchung der Designkultur von Nike erhalten wir Einblicke in ein größeres, gesellschaftliches Gesamtbild.« 

Die Ausstellung wird von einem breiten Angebot an Veranstaltungen und Workshops zum Thema Sport und Design begleitet. Nach ihrer Premiere im Vitra Design Museum wird die Ausstellung in weiteren internationalen Museen gezeigt. 

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