Die Worpsweder Museen würdigen in ihrer aktuellen Ausstellung den Bildhauer, Kunsthandwerker, Architekten und Maler Bernhard Hoetger (1874–1949) anlässlich seines 150. Geburtstags. ›Bernhard Hoetger. Zwischen den Welten‹ läuft vom 17. März bis 3. November 2024 und öffnet die Türen zu drei Museen in Worpswede – dem Barkenhoff, der Großen Kunstschau und der Worpsweder Kunsthalle. Ein Besuch im Haus im Schluh, dem vierten Haus des Worpsweder Museumsverbunds, rundet den umfassenden Blick auf die Worpsweder Kunst ab.

Der Titel ›Bernhard Hoetger. Zwischen den Welten‹ ist programmatisch für diesen Künstler, der zeitlebens ein Wanderer zwischen den Welten und Kulturen war. In drei Ausstellungssektionen widmet sich die Worpsweder Museen den häufig ethnologisch wie mythologisch inspirierten künstlerischen Ansätzen und Haltungen Hoetgers, die ihre Ausdrucksformen nicht nur in ortsbildender Architektur, sondern auch in der Bildhauerei, dem Kunsthandwerk und der Malerei fanden. Lebendig wird dabei vor allem die Zeit zwischen 1914 und 1929, in der Hoetger vom Künstlerdorf Worpswede inspiriert dieses gleichzeitig mit seiner Kunst prägte. Ob mit dem exotisch anmutenden ›Kaffee Worpswede‹ und der sachlich gehaltenen Großen Kunstschau als erstem Museum des Künstlerdorfs oder dem monumentalen ›Niedersachsenstein‹, der sich im Laufe seines Entstehungsprozesses von einem ›Siegesmal‹ zu einem Mahnmal für den Frieden wandelte.

»Trotz – oder gerade wegen aller Widersprüche – gehört sein Werk zum Originellsten, was der deutsche Expressionismus hervorgebracht hat. Heute schätzen wir Hoetger als einen wichtigen Zeugen für eine Epoche elementarer gesellschaftlicher und künstlerischer Umbrüche.« – Bettina Vaupel, 2009 in Monumente, dem Magazin der Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Die Auseinandersetzung mit der Künstlerpersönlichkeit Hoetger ist angesichts der heutigen gesellschaftspolitischen Lage, in der um Orientierung gerungen wird, aktueller denn je: Heute kann die Kunst von Bernhard Hoetger aus historischer Distanz betrachtet werden und Einblicke in die kulturellen und sozialen Umbrüche seiner Zeit geben. Seine Werke bieten die Möglichkeit, über Vergangenes nachzudenken und Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu ziehen. Hoetgers irriger Glaube, seine Kunstauffassung und das Wollen der NSDAP verfolgten die gleichen Ziele, führte dazu, dass er sich den Nationalsozialisten mit seiner Kunst andiente. Damals wie heute können wir daraus lernen, genau hinzuschauen und nicht nur das wahrzunehmen, was unseren eigenen Wünschen und Vorstellungen entspricht.

Hoetger und Vogeler – Ausstellungssektion Barkenhoff

Um 1900 war Heinrich Vogeler ein anerkannter Künstler und sein Wohnhaus, der Barkenhoff, gesellschaftlicher Mittelpunkt der Künstlerkolonie Worpswede. Zur gleichen Zeit fasste Bernhard Hoetger in Paris unter ärmlichsten Bedingungen gerade erst Fuß, avancierte aber innerhalb weniger Jahre zu einem der wichtigsten Bildhauer jener Zeit. 

1914 verlegte Hoetger seinen Wohnsitz nach Worpswede, angeregt durch Paula Modersohn-Becker. Vogeler hingegen, beruflich wie privat unzufrieden, zog im gleichen Jahr als Soldat in den Ersten Weltkrieg. Er kam als völlig veränderter Mensch zurück: Den Barkenhoff wandelte er in eine Arbeitskommune um und errichtete Werkstätten, die für seine sozialreformerischen Ideen von Bedeutung waren. In diesen war auch Hoetger häufiger tätig. Ab etwa 1923 zog sich Vogeler vom Barkenhoff zurück; er lebte nun vorwiegend in Berlin und reiste wiederholt in die Sowjetunion. Hoetger und Vogeler verbrachten also nur wenig Zeit gemeinsam in Worpswede – eine kurze Zeit im Jahr 1914 und einige Jahre zwischen 1918 und 1923. Übereinstimmungen wie auch Gegensätze im Werk beider Künstler während ihrer Zeit in Worpswede aufzuzeigen, ist das Anliegen dieser Ausstellung.

Licht und Schatten – Ausstellungssektion Große Kunstschau

Die Ausstellung in der großen Kunstschau präsentiert die schillernde Persönlichkeit von Bernhard Hoetger und seine künstlerische Entwicklung mit Schwerpunkt auf dem plastischbildnerischen Werk. Exemplarisch stellt die Ausstellung Hoetgers eigenwillige Ausdrucksformen und stilistische Wandlungen im Zusammenhang mit seiner Weltanschauung und seinem künstlerischen Denken vor. Hoetgers frühen Erfolgen in Paris folgte die Ausführung bedeutender Gesamtkunstwerke. So schuf Hoetger den Platanenhain in Darmstadt, die Böttcherstraße in Bremen sowie das Kaffee und die Große Kunstschau in Worpswede.

Die Reaktionen auf sein Werk waren von Beginn an gespalten, sie reichten von enthusiastischem Zuspruch bis zur schroffen Ablehnung. Dies lag auch daran, dass Hoetger einerseits unbeirrbar geradlinig und eigensinnig war – wie Ludwig Roselius sagte: »im Grunde Anarchist« –, doch zugleich extrem wandelbar und anpassungsfähig und immer bereit, sich mit Menschen und Zeitläufen zu verbünden. Das zeigt sich insbesondere in seinen Versuchen, sich der Nazi-Diktatur anzudienen. Damit löste er Irritationen aus, die bis heute nachwirken. Diese Licht- und Schattenseiten des Werks und Wirkens von Hoetger stehen im Fokus der Ausstellung.

Impulsgeber Hoetger? – Ausstellungssektion Worpsweder Kunsthalle

Der Universalkünstler Bernhard Hoetger, der den Künstlerort Worpswede in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt hat, ist vor allem durch seine Bauten präsent. Auch als Bildhauer war er schon zu seiner Pariser Zeit um 1900 ein erfolgreicher Künstler, bevor er sich ab 1914 – nach einem großen Auftrag in Darmstadt – in der damals von Landschaftsmalern dominierten Künstlerkolonie niederließ. Jedoch arbeitete er nicht nur als Bildhauer, sondern war auch in der Malerei aktiv, auch wenn dieser Aspekt seines Werks der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Die Worpsweder Kunsthalle widmet sich dieser weniger beachteten Facette seines künstlerischen Schaffens und untersucht im Vergleich zu Gemälden seiner Zeitgenossen und Freunde, wie Willy Dammasch, Albert Schiestl-Arding, Bram van Velde und Alfred Kollmar, die Entwicklung der expressionistischen Malerei in den Anfängen der 1920er Jahre in Worpswede. Thematische Schwerpunkte bilden einerseits Landschaftsdarstellungen, aber auch Bildnisse und Blumenstillleben, die in dieser Zeit vielfach das malerische OEuvre Hoetgers und seines künstlerischen Umfeldes bestimmten.

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