Hohle Gänse-Eier, Naturschwämme, Verpackungen und Luftballone mit einem Smiley – Schuhsohlen, wissenschaftliche Messinstrumente und die Gallensteine seiner Mutter – das Repertoire der zum Schmuckobjekt erhobenen Dinge kennt keine Grenzen für den norwegischen Künstler Sigurd Bronger. Kunstvolle Aufhängungsmechanismen machen sie tragbar.
In ihrer Akkuratesse erinnern die Mechaniken aus Messing und Gold an wissenschaftliche Instrumente und wie diese liegen Brongers Objekte passgenau in den extra dafür gefertigten Holzkästen.
Er selbst spricht bei seinen Arbeiten nicht von Schmuck, auch nicht von Broschen, Finger- oder Halsschmuck, sondern er bezeichnet seine Arbeiten einfach als ‚Trage-Objekte‘. Die kunstvollen Tragevorrichtungen objektiveren dabei die Rezeption der Gegenstände, heben sie heraus aus ihrem Bedeutungsalltag, und ermöglichen uns eine ästhetische Betrachtung und mit ihr das Entdecken einer ganz unerwarteten Schönheit. Objekte sind existierende Erscheinungen der materiellen Welt, auf die sich unsere Wahrnehmung ausrichtet.
Man will erkennen, was man sieht. Und genau da setzt Bronger an.
Er verwendet Gegenstände für seine Schmuckobjekte, die wir sonst nicht in die Hand nehmen und schon gar nicht als schmückendes Element an die Kleidung heften würden. Hat man dann erkannt, worum es sich tatsächlich handelt, löst sich der erste Schreckmoment der Erkenntnis bei der Schuhsohle oder beim Kameldung, der der Hauptakteur einer Brosche sein darf, charmant in ein Augenzwinkern auf, das so charakteristisches ist für manche von Brongers Arbeiten. Dank seiner Neugier und seiner anderen Art Dinge zu betrachten, wird unsere eigene Dingwelt um ein Vielfaches größer – die Kugel aus der Computermaus wird zum Ring – der wertvolle Diamant in der medikamentösen Blisterverpackung zur Brosche, wobei eher die Wegwerfverpackung nachhaltig ins Auge sticht als der Edelstein.
Geboren 1957 in Norwegens Hauptstadt Oslo wählt Sigurd Bronger 1975 nach einem Jahr auf der Osloer Berufsschule mit der Fachrichtung Schmuck als weitere Ausbildungsstätte die niederländische Fachschule für Uhrmacher und Goldschmiede in Schonhooven. Hier macht er 1979 seinen Abschluss. Danach arbeitet er als Graveur in der 1920 gegründeten Koninklijke Fabrieken Posthumus in Amsterdam. 1983 kehrt er nach Oslo zurück, wo er bis heute lebt und arbeitet.
Die Neue Sammlung fühlt sich geehrt, die erste Einzelausstellung Sigurd Brongers in einem Museum außerhalb Norwegens zeigen zu dürfen, dessen künstlerische Sprache nicht nur in Norwegen, sondern weltweit eine einzigartige ist.
Mit freundlicher Unterstützung durch die
Danner-Stiftung und in Kooperation mit
Norwegian Crafts, Oslo