Mit Yael Bartana, Omer Krieger, Sharon Lockhart und Ayumi Paul

»Die Eshkol-Wachman-Bewegungsnotation ist ein Denkwerkzeug, das Menschen die Kunst des Beobachtens lehren kann, d.h. sie dazu ermutigen kann, nach der höchsten Ebene des Sehens zu streben. Dazu organisiert sie das ›Material‹, das als Bewegungen des menschlichen Körpers bekannt ist, in relativ einfachen Kategorien und ermöglicht uns so eine Ein-Sicht in die Komplexität dieses Phänomens als Ganzes.« 

– Noa Eshkol

Nach der israelischen Tänzerin, Choreografin und Künstlerin Noa Eshkol (1924, Kibbuz Degania B, Völkerbundmandat für Palästina – 2007, Cholon, Israel) sollte Tanz ohne Bühnenbild, Kostüme oder Musik ausgeübt werden – die absolute Konzentration auf das Wesentliche war ihr Ziel. Körperteile werden in ihren choreografischen Stücken wie separate Instrumente behandelt. Jedes einzelne hat dabei seine eigenen Spielräume und Möglichkeiten. Mit einem tiefen Verständnis für den Körper und Räumlichkeit entwickelte Eshkol choreografische Werke, die sie in einem einzigartigen Notationssystem kodierte, das sie 1954 gemeinsam mit dem Architekten Abraham Wachmann entwickelte: die Eshkol-Wachmann Notation (EWMN). Den Gegenpol zu ihren minimalistischen Choreografien und grafischen Tanznotationen bilden großformatige und farbintensive Wandteppiche. Ab 1973 und mit Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges begann Eshkol diese abstrakten textilen Kompositionen aus gesammelten und gespendeten Stoffresten zu kreieren. 

Die Noa Eshkol Foundation for Movement Notation in Cholon und das Ensemble der Chamber Dance Group bewahren ihr einzigartiges Erbe, welches in Deutschland noch zu wenig bekannt ist. Im Jahr 2024 wäre Noa Eshkol 100 Jahre geworden. Das Georg Kolbe Museum präsentiert aus diesem Anlass eine Ausstellung, die das Leben und Werk dieser wegweisenden Choreografin und Tänzerin zeigt und damit die für das Museum so wichtigen Themen, wie den modernen Tanz und die Architektur der Moderne, neu erlebbar macht. Im Fokus stehen Eshkols Bewegungsforschungen seit den 1950er Jahren, Choreografien, Sprachstudien, Tänze, Textilkunst und das von ihr entwickelte Notationssystem für menschliche und tierische Bewegungen.
Einen Einblick in das Thema Tanz im Werk des Bildhauers Georg Kolbe ermöglicht eine Sammlungspräsentation im Schaudepot des Museums. Darüber hinaus wird dort die überraschende Verbindungslinie zwischen Kolbe und Noa Eshkol anhand zahlreicher Dokumente nachvollzogen: 1926 fertigte Kolbe ein Portrait nach Gret Palucca und zeichnete sie tanzend. An der Schule Paluccas wiederum war ab 1932 die Tänzerin Tile Rössler Teil der Schulleitung, ehe sie im April 1933 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft entlassen wurde. Sie emigrierte nach Palästina und gründete eine eigene Schule. In den 1940er Jahren nahm dort Noa Eshkol Unterricht.

Eshkols Arbeiten inspirierten zahlreiche zeitgenössische Künstler:innen. Die multimedialen Werke Sharon Lockharts (*1964, Norwood, Massachusetts, USA), Omer Kriegers (*1975, Tel Aviv, Israel) und Yael Bartanas (*1970, Kfar Yehezkel, Israel) stehen den Arbeiten Eshkols gegenüber. Eine neu entstehende Auftragsarbeit der zeitgenössischen Künstlerin Ayumi Paul (*1980, Giessen, Deutschland) erweitert die Ausstellung. Eine eintägige Online-Konferenz erkundet Möglichkeiten des digitalen Raums für monografische Künstler:innennachlässe und ihrer Vermittlung. Darüber hinaus wird die norwegische Choreografin und Tänzerin Janne-Camilla Lyster ihr Solostück Time and Solitude, das von den Choreografien Eshkols inspiriert ist, im Rahmen der Ausstellung performen.

Eine gemeinsam mit den KW Institute for Contemporary Art produzierte Neupublikation der ersten Eshkol-Wachmann Bewegungsnotation schlägt die Brücke zwischen der im Sommer 2023 gezeigten Performance Pause: The Noa Eshkol Chamber Dance Group in den KW und der Ausstellung im Georg Kolbe Museum 2024. Das Buch wird im März 2024 im Georg Kolbe Museum vorgestellt. 

Teile diese Veranstaltung
Details der Veranstaltung
Kommentar schreiben

Details der Veranstaltung