SLIME ist ein einzigartiges hybrides On-line- und On-site-Projekt, in dem es um unsere hybriden Wirklichkeiten geht. Als On-site-Event in der Secession und On-line-Programm umfasst es eigens in Auftrag gegebene und historische Kunstwerke, Vorträge und Performances, Filmvorführungen und Workshops (darunter einen zur Herstellung von echtem Slime). Der Name ist von dem Kinderspielzeug entlehnt, einer metastabilen plasmaähnlichen Substanz mit besonderen physikalischen und haptischen Eigenschaften, über die man online immer wieder stolpert – es gibt Lernvideos und Aufnahmen von Menschen, die mit Slime spielen. SLIME setzt sich mit den gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und sinnlichen Operationen digitaler Hybridität auseinander.
Dort, wo Gesellschaft heute stattfindet – am Ort der Umsetzung, nicht dem der Produktion –, ereignen sich Verschiebungen in der Organisation von Sinn: von Streiks hin zu Ausschreitungen, von der Arbeiterklasse hin zu überschüssigen Bevölkerungsgruppen, von Solidarität hin zur Verschwörung, von Organisation hin zu belangloser Souveränität. Das digitale Hybride verstärkt den Angriff des Finanzwesens auf die gesellschaftliche Reproduktion. Der Glaube an Digitalität als unvermittelte Praxis lässt sinnliche und politische Grenzen entstehen, die diese Logik verkörpern – von ASMR bis zu rechtsextremen Politiken. Das Programm in der Secession erkundet dieses gesellschaftliche Phänomen und seine Vorläufer in der Kunst, um ein Bild der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wirklichkeiten zu gewinnen, die wir dem digitalen Hybriden namens SLIME verdanken.
Mitten im ikonischen Hauptraum der Secession bringt der Künstler Francesco Finizio seine neu entstandene Installation Tickle Drown Thing (2024) zum Einsatz, in der sich der Ausstellungsraum in eine Art Abholstelle für Onlineeinkäufe verwandelt, die allerdings wegen einer Störung außer Betrieb ist. Gegenüber befindet sich Elisa Giardina Papas Leaking Subjects and Bounding Boxes: On Training AI (2022), eine Installation, die zusammen mit einem Buch Bilder zeigt, die die Künstlerin während ihrer Tätigkeit als menschliche Trainerin für diverse Optische-KI-Systeme gesammelt hat. Auf dem Deckenraster im hinteren Teil des Hauptraums präsentiert Ulrich Formann seine neu entstandene Installation Echo-System (2024), ein Sternbild wie in einem Planetarium, das Verschwörungsnetzwerke kartiert, die der Künstler auf Telegram verfolgte. An der Wand ein vergrößertes Detail aus Albrecht Dürers Druck Der Triumphwagen Maximilians I. (1518–1522), in dem das Wort »Ratio« (lateinisch für »Vernunft«) von einer sich zierlich ringelnden Linie eingekreist wird. In der Online-Kultur hat Dürers Ratio die entgegengesetzte Bedeutung: Dort meint das Wort, dass ein Post viele negative Kommentare bekommt, also eine Diskrepanz zwischen hohem Interesse und geringer Zustimmung, die der Algorithmus als Beliebtheit liest.
Teilnehmende Künstler:innen On-site Programm:
Robert Birchbauer, Albrecht Dürer, Francesco Finizio, Ulrich Formann mit Yul Koh, Elisa Giardina Papa, Liv Schulman, Steffi Stanković, Sophia Stolz, Ana Teixeira Pinto, Noam Yuran, the shapes of the sculptures of Franz West, and the birthmark of Mikhail Sergeyevich Gorbachev
Teilnehmende Künstler:innen On-line Programm:
Liat Berdugo, Lulo Demarco, Rrose Sélavy/Marcel Duchamp, Eva Egermann and Cordula Thym, Thomas Feuerstein, Pauline Ghersi, Monica Heller, HaYoung, Shachar Freddy Kislev, Alison Nguyen, Ruth Patir, Oliver Payne, Mika Rottenberg, Liv Schulman, and Lior Zalmanson
Kuratiert von Joshua Simon
On-site: 16. – 18. Februar 2024 | Hauptraum
On-line: 16. Februar – 30. Juni 2024 | slime.secession.at