Es ist schon lange ein Desiderat, das Werk von Rudolf Wacker (1893–1939), des [neben Franz Sedlacek] bedeutendsten Vertreters der Neuen Sachlichkeit in Österreich, in Wien präsentiert zu sehen. 1958, also vor rund 50 Jahren, fand die erste und bisher letzte Ausstel­lung in der Österreichischen Galerie im Belvedere statt, 2024 holt das Leopold Museum nun endlich diesen Maler von internationalem Rang in die Bundeshauptstadt zurück, was auch in der hohen Wertschätzung von Rudolf Leopold für diesen Künstler begründet liegt.

Rudolf Wackers Werk entstand hauptsächlich in Bregenz, am westlichsten Ende des 1918 neu gegründeten Staates Österreich. In zahlreichen Ausstellungen hat Vorarlberg in den letzten Jahrzehnten seinen berühmtesten Künstler der Moderne zu würdigen verstanden, das Werkverzeichnis von Max Haller sowie die wissenschaftlich profunden Publikationen v.a. von Rudolf Sagmeister bilden bis heute eine wegweisende Grundlage. Rudolf Wacker aber ist zweifellos ein Maler von europäischem Format, den nur die Zeitumstände – sein malerisches Werk entstand zwischen den beiden Weltkriegen von 1921 bis zu seinem frühen Tod 1938 – zu einem Rückzug in die heimatliche Provinz an den Bodensee zwang. Er wuchs zunächst als Sohn eines Tiroler Baumeisters in behüteten bürgerlichen Verhältnissen auf, nahm Kunstunterricht in Wien, begann sein Studium in Weimar, u. a. bei Albin Egger-Lienz, bis die Einberufung die weitere Karriere unterbrach. Nach fünfjähriger Kriegsgefangenschaft in Sibirien versuchte er ab 1920 zuerst in Berlin, dann in Wien vergeblich Fuß zu fassen, 1924 kehrte er mit seiner Frau und wichtigsten Modell Ilse Moebius in die väterliche Villa zurück. Mit einer regen Ausstellungstätigkeit in Vorarlberg, Tirol und in mehreren Städten Deutschlands, sowie mit vielen, intensiven Reisen nach Deutschland, aber auch in die Schweiz versuchte er, der provinziellen Enge zu entkommen und neue Inspirationen zu finden. Er wurde Mitglied der 1925 gegründeten, Länder übergreifenden Künstlervereinigung am Bodensee Der Kreis, wo er mit Künstlern wie Hans Purrmann, Conrad Felixmüller oder Adolf Dietrich in Kontakt kam.

Sein Werk selbst fokussiert auf die Wirklichkeit bzw. Präsenz der Dinge in seiner nächs­ten Umgebung, auf Landschaften und Hinterhöfe, auf den weiblichen Akt, auf sein eigenes Porträt in unnachgiebiger Wiederholung und auf verschiedene Fundstücke, die er aus seiner eigenen Sammlung immer wieder neu komponierte. In den 1920er­Jahren herrscht ein ex­pressiver und farbintensiver Malgestus vor, der nach 1928 einer zeichnerisch dominierten, eigenwilligen Versachlichung der Wirklichkeit weicht. Mit einer ungemein präzisen Linie erfasst und isoliert Wacker die Dinge des Alltags und verleiht ihnen so eine eigene Magie des Geheimnisvollen. Seine Bilder lassen sich angesichts der politisch immer gefährlicher werdenden Situation und der virulenten gesellschaftlichen Tabubrüche auch als verschlüs­selte Botschaften lesen. Mit den welkenden Pflanzen und Kakteen oder der Puppe und dem Kasperl übernimmt Wacker außerdem eine für die 1920er­Jahre besonders auch in Deutsch­land typische Bildsprache, die er neu zu interpretieren verstand.

Mit zahlreichen Leihgaben aus privaten und institutionellen Sammlungen vermittelt die Aus­stellung ein umfassendes Bild dieses vielschichtigen wie komplexen Œuvres, ergänzt durch eine Auswahl seines reichen zeichnerischen Werkes sowie mit ausgewählten Referenzarbei­ten u.a. von Otto Dix, George Grosz, Max Beckmann, Franz Lenk oder Anton Räderscheidt.

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