Die Ausstellung stellt eine der engagiertesten Sammlerinnen und Kunsthändlerinnen der deutschen Nachkriegszeit vor. Sie erzählt die Geschichte der Netzwerke des Expressionismus der 1920er bis 1940er Jahre und des Kunsthandels der Nachkriegszeit aus einer anderen weiblichen Perspektive.

Hanna Bekker vom Rath (1893–1983) war eine ungewöhnliche Persönlichkeit. Sie stammte aus einer großbürgerlichen Frankfurter Familie, heiratete 1920 den Musikkritiker Paul Bekker, wurde dreifache Mutter und entschied sich in verschiedenen Lebensphasen immer wieder für ein unkonventionelles Leben. Sie strebte ein Leben als unabhängige und emanzipierte Frau vor. Lebensmittelpunkt und Zentrum ihres Wirkens wurde das sogenannte Blaue Haus im kleinen Städtchen Hofheim am
Taunus (bei Frankfurt am Main). Hier begann sie zunächst als Malerin und wurde von Künstlerinnen wie Ottilie W. Roederstein und Ida Kerkovius unterrichtet. Das Blaue Haus war ein offenes und gastfreundliches Refugium für die Bildende Künste und die Künstler:innen, aber auch Musik und Literatur fanden dort Förderung und Debatten.

Schon früh begann Hanna Bekker zu sammeln, so gehörten bedeutende Werke von Wilhelm Lehmbruck oder Alexander Archipenko zu den frühen Erwerbungen in den 1920er Jahren. Einen besonderen Stellenwert erlangten Bekanntschaften mit Künstlern wie Alexej von Jawlensky, den sie 1926 in Wiesbaden kennenlernte. Bald entdeckte Hanna Bekker eine neue Lebensaufgabe mit der Vermittlung von Kunstwerken. Vor allem die Begegnung mit Karl Schmidt-Rottluff wird zu einer lebenslangen Freundschaft. Er besuchte sie ab 1932 regelmäßig in Hofheim, wovon ungezählte Gemälde und Aquarelle zeugen. Hanna Bekker vom Rath unterstützte »ihre« Künstler, die von Arbeitsverboten eingeschränkt waren, auch in den schweren Zeiten des Nationalsozialismus. So veranstaltete sie 1940 bis 1943 »heimliche« Ausstellungen in ihrer Berliner Wohnung.

Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gründete die Mäzenatin eine Galerie, das Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath. Sie eröffnete 1947 mit einer Ausstellung zu Käthe Kollwitz, und ihr Kabinett wurde schnell zu einem Treffpunkt für die künstlerische Nachkriegs-Szene. Namhafte Künstler wie Adolf Hölzl, Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay waren ebenso vertreten wie Maler einer jüngeren Generation wie HAP Grieshaber und Kurt Federlin. Auch Künstlerinnen wie Emy Roeder, Ida Kerkovius und Louise Stomps gehörten zum festen Galerieprogramm. Ab den 1950er Jahren begann sie in eigenem Auftrag eine intensive Reisetätigkeit und wurde mit selbst organisierten Koffer-Ausstellungen eine wichtige Botschafterin der modernen Kunst aus Deutschland. Die Ausstellung folgt in thematischen Kapiteln dieser Biographie. Die Ausstellung mit ca. 100 Werken wird kuratiert von Dr. Sabine Maria Schmidt und Marian Stein-Steinfeld (Archiv Hanna Bekker vom Rath). Zudem ist ein umfassender Katalog mit zahlreichen Textbeiträgen und Abbildungen im Hirmer Verlag erschienen (Museumsausgabe: 29,90 Euro). Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit dem
Brücke-Museum in Berlin.

Mit Werken von: Alexander Archipenko, Willi Baumeister, Max Beckmann, Lyonel Feininger, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Ida Kerkovius, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Käthe Kollwitz, Wilhelm Lehmbruck, August Macke, Ernst Wilhelm Nay, Emil Nolde, Emy Roeder, Ottilie W. Roederstein, Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff, Kurt Schwitters, Louise Stomps u.a.

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