Die Ausstellung richtet den Blick auf die ›Revolutionary Romances‹ – die freundschaftlich-revolutionären Beziehungen – der DDR zu den Ländern des Globalen Südens und damit auf ein bisher kaum erforschtes Kapitel der Kunst in der DDR als Teil einer globalen Kunstgeschichte.

Mit der kubanischen Revolution, der Entkolonialisierung Afrikas und den aufflammenden kommunistischen Befreiungsbewegungen schien der Sozialismus ab den 1960er Jahren weltweit auf dem Vormarsch zu sein – die Utopie einer sozialistischen Weltgemeinschaft mobilisierte den Ostblock.

Für die DDR brachte die Hinwendung zum Globalen Süden die erhoffte internationale Anerkennung, die ihr im Westen lange Zeit versagt blieb, und ermöglichte ihr die Demonstration staatlicher Souveränität und Weltoffenheit. »Völkerfreundschaft« und »Internationale Solidarität« bestimmten als ideologische Leitmotive nicht nur die ostdeutsche Außenpolitik in Asien, Afrika und Lateinamerika, die neben politischen vor allem auch wirtschaftliche Interessen verfolgte. Sie prägten auch die Auswärtige Kulturpolitik und wurden zu wichtigen Themen der Staatspropaganda sowie in der bildenden Kunst der DDR. 

Ausgehend vom Sammlungsbestand der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), ergänzt um ausgewählte Leihgaben, fragt die Ausstellung nach der künstlerischen Praxis, den Themen und Motiven dieser tatsächlichen wie vermeintlichen ›Revolutionary Romances‹. Zu sehen sind Werke aus den 1950er bis 1990er Jahren, unter anderem von Künstler:innen aus der DDR, Kuba, Chile, Vietnam, Indien, Irak, Libyen, Mosambik und Burma (Myanmar). Dazu gehören Darstellungen von Idealen und Ikonen des sozialistischen Internationalismus, Bilder der Solidarität, künstlerischer Protest gegen Krieg und Gewalt in Asien, Afrika und Lateinamerika, kubanische Revolutionsgrafik, Reisebilder, Mail Art sowie Diplomarbeiten von ausländischen Studierenden an der Dresdner Kunsthochschule.

Neben Werken aus den Sammlungen der SKD werden auch internationale zeitgenössische Positionen und Auftragsarbeiten von Georges Adéagbo, Sven Johne, Hamlet Lavastida, Dana Lorenz, Sonya Schönberger, Wenke Seemann, Sung Tieu und Arlette Quỳnh-Anh Trần gezeigt, welche die einstigen Ideale und Widersprüche der ›Solidarität‹ und ›Völkerverständigung‹ aus der Perspektive der Gegenwart betrachten und kritisch reflektieren.

Aus heutiger Sicht müssen einige der in der DDR entstandenen und hier gezeigten Kunstwerke hinterfragt werden, weil sie die Dominanz eurozentristischer Perspektiven, Formen kultureller Aneignung sowie die stereotype Darstellung von Menschen und Kulturen des Globalen Südens beinhalten. Zu bedenken ist aber auch der im Rückblick offensichtliche Gegensatz zwischen Ideologie und Wirklichkeit in der DDR, zwischen Ächtung des westlichen Imperialismus und dem Ausblenden der imperialen Expansion des Ostens, zwischen der außenpolitischen Forderung nach universalen Menschenrechten und der repressiven Politik im eigenen Land sowie zwischen dem staatlichen proklamierten Antirassismus und den realen Lebens- und Arbeitsbedingungen der ausländischen Vertragsarbeiter:innen und Studierenden.

Mit Revolutionary Romances? unternimmt das Albertinum eine erste Annäherung – fragend, forschend, selbstkritisch und mit vielen Wissenslücken – an ein aktuelles Themenfeld, dessen Bearbeitung auch in den SKD erst am Anfang steht. Es bedarf weiterer kunstwissenschaftlicher, historischer und künstlerischer Forschung, in der vor allem auch die Perspektive und Expertise von Menschen aus dem Globalen Süden hör- und sichtbar wird, um die Kunstgeschichte der DDR im globalen Kontext diskutieren zu können.

Der Vermittlungsraum der Ausstellung bietet den Besucher:innen die Möglichkeit, durch ihre individuellen Perspektiven an diesem Prozess mitzuwirken. Am Ende der Ausstellung wird die Kooperation mit dem Verein Kultur Aktiv e.V. vorgestellt. Der Verein lädt begleitend zur Ausstellung im Treffpunkt ostZONE zum transgenerationalen und transkulturellen Dialog ein. Begleitet wird die Ausstellung außerdem von einem umfangreichen Vermittlungsprogramm zu den Themen Kunst und Sozialismus, Reisen und Migration und Solidarität.

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