Eröffnung: Freitag, 7. Juni 2024, 19 Uhr
Kuratorinnen: Layla Burger-Lichtenstein, Susanne Mierzwiak
Seit fast vier Jahrzehnten entwirft die rumänische Künstlerin Lia Perjovschi Situationen und entwickelt Strategien, mit denen sie einer sich radikal verändernden Welt entgegentritt. Aufgewachsen unter dem Regime des Diktators Nicolae Ceaușescu, entfaltete Perjovschi ihr vielschichtiges Werk zuerst unter dem Einfluss des real existierenden Sozialismus. Angesichts politischer Zensur und Materialknappheit erklärte die Künstlerin in intimen Versuchsanordnungen zunächst ihren eigenen Körper zum Medium. Nach der rumänischen Revolution im Jahr 1989 widmete sie sich zunehmend Methoden zur Erfassung, Strukturierung und Archivierung von Informationen in einem postkommunistischen Alltag, der durch eine Öffnung zum globalen Kapitalismus geprägt war. Perjovschi selbst beschreibt ihre künstlerische Entwicklung als »Reise vom physischen Körper hin zum universellen Körper des Wissens«.
Unter dem Titel Experiments and Conclusions widmet sich die Ausstellung erstmalig in Deutschland Perjovschis Frühwerk, das Konkrete Poesie, Skulptur und Performance miteinander vereint. Oftmals aus einem ergebnisoffenen Prozess resultierend, offenbart sich in den versammelten Werken ein Verständnis von Kunst als soziale Studie, mit der zwischenmenschliche Dynamiken und psychologische Verfasstheiten ergründet werden. Fasziniert von den Motiven Doppelgänger, Alter Ego und Schatten, inszeniert Perjovschi den weiblichen Körper auf humorvolle wie kritische Weise als Ort des Widerstands und als Instrument gegen die eigene Handlungsunfähigkeit im Anbetracht politischer und gesellschaftlicher Repression.
Lia Perjovschi (*1961 in Sibiu / Rumänien) studierte 1987–1993 bildende Kunst an der Staatlichen Akademie der Künste in Bukarest. Ihre künstlerische Praxis umfasst medienübergreifende Werkserien ebenso wie kuratorische Strategien, Workshops und Vorträge und wurde weltweit in mehr als 700 Ausstellungen gezeigt, darunter Tallinn Art Hall (2021); Muzeum Susch, Zernez / Schweiz (2020); BOZAR, Brüssel; Art Encounters Biennial, Timișoara / Rumänien (beide 2019); Kunsthaus Hamburg (2016); Nasher Museum of Art, Durham / USA; São Paulo Biennale (beide 2014); Sydney Biennale (2009) und Generali Foundation, Wien (2005). Sie ist die Gründerin und Koordinatorin des Contemporary Art Archive and Centre for Art Analysis (CAA / CAA, seit 1985) und des interdisziplinären Forschungsprojekts Knowledge Museum (KM, seit 1999), das alternative Formen der Klassifizierung und Darstellung von Informationen erforscht.