AN EYE FOR AN »I«

Sie selbst dürfen nicht sichtbar sein und doch müssen sie alles sehen. Ihre Winkel sind nicht starr. Unmerklich wechseln sie fortwährend ihre Position und Perspektive. Sie hören durch den ständigen Geräuschpegel alles hindurch. Sie sind ganz Auge und Ohr. Sie kennen alle – ihre Gewohnheiten, ihre Bewegungen. Doch sie selbst sieht man nicht. Ihre Bezahlung ist klein, doch ihre Verantwortung ist groß. Die Choufs (arabisch chouf bedeutet »sehen« oder »schauen«), gut postiert, sind stets alarmiert. Diskret und nicht nachverfolgbar warnen sie die Drogendealer:innen sofort.

In unserer Gegenwart scheint es unmöglich, nicht sichtbar zu sein, nicht beobachtet und analysiert zu werden. Jede Bewegung, jede Handlung, jedes Gefühl und jeder Gedanke wird von Kameras und Cookies verfolgt. Wie kann man dennoch frei sein, frei fühlen und frei denken? Wie kann ich im Verborgenen und zugleich im Digitalen verortet sein? Können die Choufs ein Modell, ein Grundpfeiler der Gegenüberwachung sein?

Für ihre Einzelausstellung im ZOLLAMTMMK hat die Trägerin des PONTOPREIS MMK 2024 Christelle Oyiri (* 1992) eine neue raumgreifende Arbeit geschaffen. Der PONTOPREIS MMK wird alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit dem MUSEUMMMKFÜR MODERNE KUNST von der Jürgen Ponto-Stiftung vergeben.

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