Die dreiteilige Multimonitorinstallation Earth, Moon, Sun (1990) des Videokünstlers Nam June Paik (1932–2006) zählt zu den zentralen Werken der Aachener Bestände der Sammlung von Peter und Irene Ludwig. Eindrücklich demonstriert sie, wie Paik, der von 1958 bis 1963 im Rheinland lebte, den Einsatz neuer Technologien als Kunstform in seinem Werk vorantrieb. Zugleich spiegelt sie sein großes Interesse für den Weltraum, das Planetensystem, sowie die Raumfahrt, das sein gesamtes Schaffen durchzog. 1991 von Peter Ludwig als erstes Werk des Künstlers in seiner Sammlung von der Düsseldorfer Galerie Hans Mayer erworben, hatte es seit der Museumseröffnung lange Zeit einen prominenten Platz im Lichtturm des Ludwig Forum inne.

Earth, Moon, Sun kann sowohl als Symbol des progressiven Sammlerpaares Ludwig und seines Interesses an zeitgenössischer Medienkunst, als auch der Innovationsstadt Aachen, die mit der RWTH ein führender Standort von Technologieentwicklung ist, gelesen werden. Zugleich stellen die 92 Röhrenfernseher, die in die skulpturalen Elemente der Arbeit eingebettet sind, aus restauratorischer Sicht eine Herausforderung dar: Das Werk lässt sich nur durch regelmäßige, technische Generalüberholungen erhalten. Seit 2012 werden Kathodenbildschirme nicht mehr produziert. Ein Austausch durch LED Bildschirme ist jedoch durch die Bedeutung der verbauten gewölbten Monitore als eigenständige kompositorische Elemente innerhalb der Installation ausgeschlossen. Auch wäre die Nutzung von Flachbildschirmen aufgrund ihrer deutlich geringeren Lebensdauer wenig nachhaltig. Aktuell durchlaufen die Fernseher einen umfassenden Restaurierungsprozess, der der Arbeit eine neue Nutzungsdauer von mindestens 20 Jahren verschaffen soll. In drei Tranchen werden die Monitore vom CRT-Lab Colorvac des ehemaligen Paik Assistenten Jochen Saueracker und seines Kollegen Christian Draheim abgeholt, im ZKM Karlsruhe bearbeitet, generalüberholt und – wenn nötig – mit neuen Röhren ausgestattet. Eine eigens von den beiden entwickelte Technik zur Herstellung der Kathoden ermöglicht dies auch nach dem Ende ihrer industriellen Produktion. Ein weiterer Restaurierungsaspekt betrifft die über die Jahre porös gewordenen Plexiglashalterungen, mit denen die Neon-Röhren des „Mondes“ befestigt sind. Durch eine Kooperation mit dem Visual Computing Institute der RWTH unter der Leitung von Leif Kobbelt, werden diese mit Hilfe von 3D-Druck reproduziert und anschließend wenn möglich von den Museumsrestauratorinnen ausgetauscht.

Das offene Restaurierungslabor im Ludwig Forum Aachen stellt diesen zentralen Teilaspekt der musealen Arbeit, das Pflegen und die Instandhaltung von Kunstwerken vor und möchte ihn auch für Besucher*innen zugänglich machen. Anhand des Werkes einer der größten Pioniere der Medienkunst zeigt es, welch diverse technologische Ansätze und interdisziplinäre Kooperationen in der Restaurierung zeitbasierter Kunst zusammenkommen. Prozessual angelegt, begleitet das Labor die externen Restaurierungsarbeiten im Ausstellungsraum entlang verschiedener Aspekte: Über mehrere Monate hinweg wird die dekonstruierte Multimonitorinstallation sukzessive um Dokumente und Ephemera zu ihrer Provenienz, einen Film, der die Restaurierungsprozesse in der Werkstatt Draheim/Saueracker dokumentiert und weitere Videoarbeiten Paiks aus der Museumssammlung ergänzt. Denn neben sechs, auf Earth, Moon, Sun folgenden Ankäufen von Arbeiten Nam June Paiks durch Peter und Irene Ludwig, die sich heute im Museum Ludwig in Köln befinden, verfügen auch die Bestände der Stadt Aachen Dank des Engagements des ersten Museumsdirektors Wolfgang Becker über fünf weitere Videoarbeiten Paiks aus den 1970er Jahren.

Ein umfassendes Rahmenprogramm mit Expert:innenvorträgen zum Werk Nam June Paiks und der Restaurierung von Medienkunst wird das Projekt zudem begleiten.

Initiiert von Eva Birkenstock, realisiert in enger Zusammenarbeit mit Anna Marckwald (kuratorische Assistenz).

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