Weniger als 20 Jahre sind seit dem Abgrund der Schoa vergangen, als der amerikanisch-jüdische Fotograf Leonard Freed (1929–2006) Anfang der 1960er-Jahre mehrere Monate durch Westdeutschland reist. Mit seiner Kamera möchte er festhalten, wie deutsche Juden heute leben. Freed ist es ein Anliegen, mit seinen Aufnahmen der Unwissenheit der Deutschen über die unsichtbare jüdische Minorität in ihrem Land entgegenzuwirken. Er fotografiert in mehreren jüdischen Gemeinden, vor allem in den Gegenden um Frankfurt und Düsseldorf.
52 seiner Fotografien werden 1965 unter dem Titel Deutsche Juden heute publiziert und mit Textbeiträgen kombiniert. Sie nehmen die jüdische Gemeinschaft in den Blick und diskutieren über das Verhältnis von Juden und Deutschen. Jüdisches Leben ist fragil, es existieren nur wenige kleine Gemeinden, deren Existenz in- und außerhalb Deutschlands umstritten ist. Die Themen aus dem Buch von Freed werden auch in zwei Publikationen verhandelt, die bereits in den Jahren 1963 und 1964 erscheinen: In einer Ausgabe des Nachrichten-Magazins der SPIEGEL mit der Schlagzeile Juden in Deutschland sowie einem von Hermann Kesten herausgegebenen Band mit dem Titel ich lebe nicht in der Bundesrepublik. Die Frage nach der Möglichkeit, als Jüdin oder Jude in Deutschland zu leben, prägt eine Debatte, die bis heute andauert.
Alle 52 Fotografien der Serie von Leonard Freed sind Teil der Museumssammlung und wurden von der Witwe des Fotografen, Brigitte Freed, angekauft. Sie werden hier zum ersten Mal komplett ausgestellt.