Als erste deutsche Institution gibt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen einen Überblick über das bahnbrechende Werk der 1948 in Tel Aviv geborenen Malerin, Psychoanalytikerin, Philosophin und Friedensaktivistin Bracha Lichtenberg Ettinger (BRACHA). Während ihre Theorie des matrixialen Blicks in Kunst und Wissenschaft breit rezipiert wird und ihre Werke international gesammelt und besprochen werden, fand BRACHA in Deutschland erst infolge ihres Rücktritts aus der Findungskommission zur künstlerischen Leitung der documenta 16 breite Beachtung – auch weil die Tochter von Holocaust-Überlebenden sich vierzig Jahre lang nicht in der Lage sah in Deutschland auszustellen.
Gezeigt werden neueste Malereien, Beispiele des Frühwerks aus den 1980er Jahren sowie Künstlerinnenbücher, in denen BRACHA in Zeichnungen und Tuschemalerei das Zeitgeschehen kommentiert. Früh setzte BRACHA den Fotokopierer als Mittel der Bildfindung ein, mischte Asche in Pigmente und befragte Dokumente des Massenmords auf ihre Abbildbarkeit. In ihren Gemälden, die in unbewussten Prozessen über vier bis neun Jahre entstehen, begegnen weibliche Opfer der Shoah Frauenfiguren aus antiken Mythen. BRACHAs Kunst stellt Verletzlichkeit und die wechselseitige Abhängigkeit allen Lebens ins Zentrum. Damit inspiriert sie eine jüngere Künstler:innengeneration, die sich für vererbte Traumata und Heilung interessiert. BRACHAs ethisches und ästhetisches Programm weist Auswege aus der zerstörerischen Schwarzweiß-Logik der von Algorithmen geprägten Konflikte der Gegenwart und eröffnet neue Räume für Zwischenmenschlichkeit, Mitgefühl und Offenheit gegenüber der Zukunft.
Die Ausstellung Bracha Lichtenberg Ettinger wird gefördert von Artis.