Portraits von Geflüchteten und ihre Geschichten
Die Fotoausstellung wurde vom Deutschen Roten Kreuz KV Hamm e.V. und dem bekannten Fotografen Mehmet Aslan kuratiert und initiiert. Es ist eine Ausstellung zum Thema »Flucht und Vertreibung«, in welcher Porträtfotografien von Geflüchteten der Fotografen Mehmet Aslan, Hüseyin Remzi Konak und Murat Bakmaz gezeigt werden.
VON DER IDEE ZUM PROJEKT
Das Deutsche Rote Kreuz in Hamm unterhält in der Stadt drei niederschwellige Treffpunkte, in denen Menschen verschiedenster Herkunft zusammenkommen.
Durch die Leiterin Frau Zuhal Öztürk vom DRK-Treffpunkt in Hamm Herringen ist der Kontakt mit Mehmet Aslan und Hüseyin Remzi Konak zustande gekommen: Die Künstler berichteten 2022 Frau Zuhal Öztürk und Dr. Safak Öztürk von ihren fotografischen Projekten, vorangegangenen und geplanten Ausstellungen und ihrem Wunsch, mit ihren Bildern Einblicke in andere Welten und Schicksale zu ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt war eine Ausstellung für Mai 2023 in Paris in Planung, bei der verschiedene Fotografien zum Thema Flucht und Vertreibung gezeigt werden sollten.
Auch für die Stadt Hamm sind die Themen Flucht und Migration äußerst bedeutsam. Hamm ist seit jeher eine Stadt mit Migrationsgeschichte und erfüllt seine Aufnahmequote an Geflüchteten aktuell zu über 90%. (Stand 15.09.2023). Es wurde schnell deutlich, dass eine Fotoausstellung zum Thema Flucht daher auch und gerade in Hamm von besonderer Relevanz wäre. Dass Hamm eine eher kleine Großstadt ist, war für die Künstler kein Hindernis. Sie empfanden dies sogar eher als positiv und sahen hier eine Chance mit einer solchen Ausstellung einen positiven Beitrag zum Kunst- und Kulturleben der Stadt leisten zu können.
Gemeinsam mit der Stadt Hamm, dem Gustav-Lübcke-Museum, dem Kommunalem Integrationszentrum Hamm und der WerkstaDT für Demokratie und Toleranz wird das Projekt zum Leben erweckt.
Nähere Informationen zu den Künstlern liefert die Homepage www.unsichtbare-kaempfe.de
Diese Ausstellung überrascht, denn sie zeigt keine Massen verzweifelter Geflüchteter in ihrer Not, sondern einzelne Menschen im Portrait. Sie sind dem Krieg in Syrien entronnen und haben eine Unterkunft gefunden in einem Zeltlager in Mardin im Süden der Türkei. Die Zelte stehen dicht an dicht, manche sind geflickt und zwischen ihnen ist nur der nackte, staubige Boden zu sehen.
Zwei Kinder spielen im Staub mit Murmeln. Der eine Junge blickt erschrocken auf den Fotografen, während der andere schon dabei ist, auf die vor ihm liegenden Murmeln zu werfen und sich zum Spiel verlocken zu lassen. Gezeigt werden einzelne Menschen im Alltag, die sich kümmern. So trägt ein Mann den frischgefüllten Wasserkanister zum Zelt, ein Mädchen trägt ein Tablett mit zwei gefüllten Suppentellern zum Zelt, eine Frau sitzt an ihrer mechanischen Nähmaschine und ein Mann spielt mit seinen drei Kindern im Zelt, das Jüngste hat er auf den Arm genommen.
Die Bilder zeigen das Leid, in einem Lager verharren zu müssen ohne Aussicht auf eine neue Zukunft. Aber sie zeigen auch Menschen, die an- und zur Ruhe gekommen sind und ihren Alltag in ihrer neuen Wirklichkeit so gut bestreiten, wie es eben geht. Und, vielleicht nur kurz, Freude zu empfinden scheinen.
Dieser Gegensatz kulminiert in dem Bild eines Vaters, der auf Krücken steht und seinen kleinen Sohn in die Luft hebt. Der Junge hat weder Arme noch Beine, lächelt aber trotzdem. Seine Mutter hatte während der Schwangerschaft Saringas eingeatmet. Das Foto wurde in Siena zum »Foto des Jahres 2021« gewählt und zog die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich. Der Fernsehsender Arte hat ein Portrait der Familie gezeigt, in dem immer wieder die unbändige Lebensfreunde des Kindes zu sehen ist und die Hilfsbereitschaft der Menschen. Es gingen über 160000 Euro an Spenden ein für Mustafa, um ihn mit einer Prothese versorgen zu können.
Über 30 Fotos sind im Foyer des Hammer Gustav-Lübcke-Museums zu sehen, Erklärungen zu jedem Bild gibt es online per App. Zur Eröffnung am Samstag, den 7. Oktober um 11 Uhr kommen die Fotografen selbst und stellen sich später der Diskussion mit Dr. Safak Öztürk. Er kennt die drei Fotografen persönlich und hat damit die Ausstellung erst möglich gemacht, so wie auch das G-L-Museum, das sein Foyer zur Verfügung stellt, die Stadt, welche die Fotos gedruckt hat und das Bundesprogramm »Demokratie leben«, das auf Antrag mit einer großzügigen Zuwendung u.a. die App finanziert, welche die Bilder online erklärt.
Diese Portraits bringen das Menschliche der Menschen nahe, dass sie offenbar trotz ihrer Not bewahren. Verharmlost die Ausstellung das Schicksal der Geflüchteten und der Vertriebenen, wenn die Fotos nicht repräsentativ sind? Trotzdem aber scheint dieses Menschliche, das die Bilder zeigen, menschenmöglich zu sein.
Ist damit der Gedanke von Albert Camus, der von dem »unbesiegbaren Sommer« sprach, der in ihm auch im tiefsten Winter wohne, mehr als ein Klischee? So wie Heimat »überall da« sein kann, „wo nicht egal ist, dass es mich gibt«, wie es der Sozialpsychologe Harald Welzer formulierte? Was das für unser Miteinander bedeutet, diese Frage könnte die Ausstellung begleiten, die anschließend im Rahmen einer Wanderausstellung auch anderen Bildungseinrichtungen wie Schulen, weiteren Verbänden etc. zur Verfügung gestellt wird.
Gerd Heistermann, Mitglied im Präsidium des DRK KV Hamm e.V.