Wo findet sich die Schwelle zwischen innen und außen? Architektur gewährt oder verweigert den Zugang durch Türen und Fenster. Wir beschreiben die Grenzen zwischen innen und außen, Subjektivem und Objektivem mit psychologischen Begriffen. Metaphern sind eine Angelegenheit der Architektur, wie Gefühlszustände, Eindrücke von außen oder innere Unruhe. Kristine Woods’ Installation, a bid in bridge in a suit, geht aus einer Untersuchung der Durchlässigkeit von Schwellen hervor.

Die für den Bonner Kunstverein konzipierte Installation, schöpft Energie aus Woods’ Faszination für die Gemälde des französischen Künstlers Pierre Bonnard (1867–1947). Bonnard brachte die Landschaft in häusliche Umgebungen hinein und verwirrte die Verhältnisse vom Inneren und Äußeren. Die individuellen Merkmale von Menschen und Dingen verschmelzen durch Farbe, Linie und Maßstab. In Bonnards Gemälde Die Terrasse in Vernonnet (1939) tritt eine Figur aus dem Gebüsch hervor. Eine Frau mit einem Korb geernteter Früchte trägt dieselbe Farbe wie die Beeren. [1]

In Anlehnung an die Eigenschaften eines Bonnard-Gemäldes schlägt Woods’ Installation im Bonner Kunstverein folgendes vor: Die physikalischen Beschaffenheiten von Körpern, Wänden, Fenstern, Strukturen, Farben, Objekten, und Materialien teilen sich den Raum als Gesamtheit von Inhalten. Dinge schneiden und überlappen sich oder wechseln nacheinander zwischen Vorder- und Hintergrund. Oder: Die gesamte Umgebung ist auf einmal verfügbar, als sich ständig verschiebende Verhältnisse von Distanzen und Maßstäben. Die Welt ist ein Medium. Ein Körper, vollständig umhüllt. Angrenzend.

In Woods’ Installation betreten wir vielmehr einen Raum der Malerei, als einen Ort, der Kunst ausstellt. Der Umgang mit der Situation schärft die Aufmerksamkeit für die Propriozeption, die oft unbewussten Anpassungen des Körpers an Positionen, Bewegung, Wege und Strukturen. Nichts hängt an der Wand, es ist alles im Raum. Der Ausstellungsraum ist zur Umgebung hin geöffnet, und das, was durch die Fenster außerhalb des Kunstvereins sichtbar ist, ist ebenso bedeutend wie die Entscheidungen, Elemente, Konstruktionen und Anordnungen der Künstlerin. Blumen in einer Vase im Inneren verflechten sich mit den Wurzeln von Pflanzen draußen. Was ist wild, und was ist geordnet? Aus welchen Wurzeln entspringen Linien? Nichts wird aus demselben Winkel betrachtet. Manche Objekte fluten den Raum und verdrängen andere Objekte/Subjekte an die Ränder. Ein riesiges Werk aus Filz teilt den Raum oder vervielfacht ihn. Bemalte Holzbalken fungieren als Spalier, Gerüst oder Schaukel. Figuren und Laubwerk verflechten und verweben sich mit Mustern und Textilien. Die gesamte Installation ist eine Komposition.

Als Kunst, als Vegetation, als Empfindung, ist sie in ihrer Gesamtheit ein lebendiger Organismus.

[1] Diese visuellen Konjugationen entspringen einer Art »bildlichen Intelligenz«, die sich wesentlich von der verbalen Intelligenz unterscheidet. Svetlana Alpers und Michael Baxandall schrieben ausführlich über die »bildliche Intelligenz«. Die beiden Kunsthistoriker:innen zeigten die Bedeutung des visuellen Spiels auf, das unabhängig vom sprachlichen Spiel ist – und nicht darauf reduziert werden kann. Denselben Gedanken lässt sich auch in Woods’ Kunst finden. Es stimmt, der Titel a bid in bridge in a suit könnte eine feine Zeile Poesie sein. Zweifellos prägt das schriftliche und verbale Wortspiel (die Sprache) die Kompositionsmethoden der Künstlerin. Dennoch ist das Beharren auf eine bildliche Intelligenz eindrücklich zu spüren.
Siehe: Svetlana Alpers, Michael Baxandall, Tiepolo und die Intelligenz der Malerei, Dietrich Reimer Verlag (1996).

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