Porträts voller Empathie
Im letzten Jahr hätte June Newton alias Alice Springs ihren 100. Geburtstag gefeiert. Unter dem Pseudonym Alice Springs arbeitete June Newton (1923–2021) seit 1970 als Fotografin. Am Anfang des eigenen Œuvres stand eine Grippe ihres Mannes Helmut Newton. Danach entstanden zahlreiche Porträts, Menschenbilder voller Empathie, die bis heute die für Alice Springs so charakteristische Mischung aus Einfühlung und Neugierde auf ihre Zeitgenossen transportieren.
Ihren runden Geburtstag nahm die Helmut Newton Foundation in Berlin zum Anlass, rund 200 Fotografien neu zusammenzutragen. Diese umfangreiche Retrospektive, welche Mitte der 1940er-Jahre beginnt und mit dem letzten Fotoshooting 2004 endet, wird nun in den Opelvillen vorgestellt. Es wird zwar deutlich, dass Alice Springs wie ihr Ehemann Helmut Newton in drei Genres arbeitete: Porträt, Akt und Mode beziehungsweise Werbefotografie, aber mit unterschiedlicher Gewichtung.
Vor allem ihre unvergleichlichen Porträts wirken bis heute mit großer Authentizität und Intensität nach. Dazu gehören Porträts ihrer Fotografenkollegen – darunter Manuel Álvarez Bravo, Peter Hujar, Robert Mapplethorpe, Sheila Metzner oder Sebastião Salgado – sowie anderer prominenter Persönlichkeiten wie Charlotte Rampling, Catherine Deneuve, Joseph Beuys, Karl Lagerfeld, Fanny Ardant, oder Niki de Saint Phalle.
Alice Springs konzentrierte sich in ihren Menschenbildern größtenteils auf die Gesichter, häufig fasste sie diese im engen Bildausschnitt als Brust- oder Dreiviertelporträt, ohne zusätzliche Accessoires. Nur wenige Porträts nahm Alice Springs im Studio auf, die Mehrzahl entstand – meist bei natürlichem Licht – im öffentlichen Raum sowie vor oder in den Wohnungen der anderen.
Die Selbstporträts und die Porträts ihres Mannes, bekanntgeworden als legendäres Langszeitprojekt »Us and Them«, nehmen in dieser Retrospektive eine Sonderstellung ein. Im Nebeneinander von Fotografien von Alice Springs und Helmut Newton schließt sich der Kreis dieser Ausstellung gleich mehrfach, denn das Leben und das Werk von Helmut und June Newton waren auf vielfältigste Weise verknüpft.