Andy Warhol zählt zu den bekanntesten und meistdiskutierten Künstler:innen des 20. Jahrhunderts. Während seine Werke von Konsumgütern und berühmten Persönlichkeiten weite Verbreitung fanden, bekam ein Thema, das sich bereits seit den späten 1940er-Jahren und bis zu seinem frühen Tod in 1987 wiederfindet, wenig Beachtung: Warhols kontinuierliche Suche nach einer Bildfindung für sein (meist männliches) Schönheitsideal und Begehren. Die Neue Nationalgalerie stellt nun zum ersten Mal einen großen Überblick zusammen, der sich thematisch auf diesen zentralen Aspekt in Warhols verschiedenen Schaffensphasen konzentriert. Mit mehr als 300 Werken, Gemälden, Drucken, Zeichnungen, Fotografien, Polaroids, Filmen und Collagen ermöglicht die Ausstellung in der oberen Halle ein umfassendes und inklusives Verständnis des Künstlers Andy Warhol, der zu Lebzeiten nie ein wirkliches »Coming-out« hatte.
Von Warhols frühen Zeichnungen über die Screen-Tests und Filme der 1960er-Jahre, die Torso Gemälde der 1970er-Jahre bis hin zu seiner künstlerischen Zusammenarbeit mit Jean-Michel Basquiat in den 1980er-Jahren, und unzähligen Fotografien, erforscht er auf herausfordernde Weise körperliche Schönheit und Schwächen, Zerbrechlichkeit und Stärke sowie seine eigene Vielfalt und Fluidität in Form von vielen Selbstporträts. Zu seinen Lebzeiten wurden seine expliziten Körperdarstellungen teils als unmoralisch, pervers oder sogar als pornografisch und illegal angesehen. Daher erhielten viele dieser Werke wenig Sichtbarkeit in der Kunstwelt und wurden nie einer größeren Öffentlichkeit bekannt.
Neben dem »Double Elvis« (1963) aus der Nationalgalerie, Sammlung Marx, stammen besondere internationale Leihgaben aus: Museum of Fine Arts, Boston, Mugrabi Collection, NYC, mumok – Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Vienna, sowie eine große Anzahl aus dem Andy Warhol Museum, Pittsburgh.
Der Titel der Ausstellung »Andy Warhol: Velvet Rage and Beauty« ist eine Hommage an das Buch The Velvet Rage (2005), in dem der Autor Alan Downs das Gefühl beschreibt, als homosexueller Mann in einer heterosexuell dominierten Welt aufzuwachsen und zu leben. Warhol starb 1987 im Alter von nur 58 Jahren. Er hinterließ ein komplexes Werk, das nachfolgende Generationen von Künstler:innen beeinflusste, erfuhr aber zu Lebzeiten nie die offene Akzeptanz um sich diesem spezifischen Aspekt seines Werks zu widmen. Während diese Queerness heute wieder in zahlreichen Gesellschaften gefährdet scheint, nimmt die Ausstellung in Berlin im Jahr 2024 die Chance wahr, diese ausdrucksstarken Werke zum ersten und hoffentlich nicht zum letzten Mal zu versammeln.
Hinweis: Die Ausstellung zeigt sehr explizit Nacktheit und Sexualität sowie vielfältige Darstellungen von Gender und Körpern. Wenn Sie mit Kindern oder Jugendlichen die Ausstellung besuchen möchten, tun Sie dies gemeinsam und bleiben Sie im Gespräch.
Kuratorisches Team
Die Ausstellung wird kuratiert von Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, mit Lisa Botti, Co-Kuratorin. Kuratorische Assistenz ist Nikola Richolt.
Katalog zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Prestel Verlag.