Barry Le Va (1941–2021) gilt als Erneuerer der Skulptur in der Kunst nach 1960. Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt die erste Retrospektive nach dem Tod des Künstlers.

»I guess at that time the body was a new territory, and it had to be investigated.«
—Barry Le Va, 2003

In seinem multidisziplinären Werk, das in seinen Anfängen der Prozesskunst bzw. dem Postminimalismus zugerechnet wird, erweiterte Barry Le Va den Skulpturbegriff, indem er die Geschlossenheit der Form aufbrach und die Dimension der Veränderung und Instabilität in sein Werk integrierte.

Die Ausstellung gibt einen Überblick über sein Schaffen von den 1960er-Jahren bis zu den letzten Werkgruppen und folgt dabei einem roten Faden: die Beziehung zwischen dem installativen und dem zeichnerischen Werk zu untersuchen.

Barry Le Vas Installationen sind mit Bedacht und nach genauem Plan ausgeführt, lassen aber zugleich den Zufall, das Chaos und die Ordnung zu werkbestimmenden Elementen werden. Dabei dient dem Künstler der Boden zeitlebens als »Grund« und Experimentierfeld. Bereits 1966 entstehen die ersten auf dem Boden verstreuten Distribution Pieces, mit denen er im November 1968 durch eine Titelgeschichte in der Zeitschrift Artforum schlagartig einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird.

Die Zeichnung ist ein wesentlicher Bestandteil von Le Vas Oeuvre. Einerseits sieht er sie als Teil seines Denkprozesses, andererseits versteht er sie »als Diagramme, die ähnlich wie Partituren oder Kompositionen funktionieren«. In diesem Sinne bereiten sie oft das skulpturale Werk vor, sie können als Plan-Ansichten dienen, wobei sie gleichzeitig die Interpretation und Improvisation vor Ort zulassen. Oder sie können ganz für sich stehen.

Die Beziehung zwischen Kunstwerk und Betrachtenden ist für Barry Le Va von Anfang an von grosser Relevanz. Wie Tatorte fordern seine Installationen die Betrachter:innen heraus, nach Hinweisen zu suchen, um die Abfolge von Handlungen, die zu ihnen geführt hat, bzw. das ihnen zugrundeliegende Konzept zu rekonstruieren. Dieser Herangehensweise liegt Le Vas Begeisterung für das Genre des Krimis zugrunde: »Ich war fasziniert von der Idee der visuellen Indizien, von der Art und Weise, wie Sherlock Holmes es schaffte, eine Handlung aus obskuren visuellen Indizien zu rekonstruieren.«

Das Kunstmuseum Liechtenstein verfügt gemeinsam mit dem Kunstmuseum St. Gallen und dem Museum MMK für Moderne Kunst Frankfurt am Main über frühe Schlüsselwerke von Barry Le Va aus der Sammlung Rolf Ricke, der den Künstler 1970 erstmals in Europa ausstellte. Diese Werke bilden einen zentralen Ausgangspunkt der Ausstellung.

Eine Produktion des Kunstmuseum Liechtenstein, kuratiert von Christiane Meyer-Stoll.

Die Ausstellung wird von einer dreibändigen Publikation begleitet, in der besonders die Stimme des Künstlers durch seine «Notes» (Statements) und durch die Wieder- und Erstveröffentlichung von Interviews zu Wort kommt.

Die Ausstellung wird nachfolgend bei Fruitmarket, Edinburgh (26.10.2024–2.2.2025) und im Museum Kurhaus Kleve (Frühjahr 2025) zu sehen sein.

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