Bernhard Aubertin (1934–2015), häufig mit dem Zusatz »le rouge« genannt, begegnete 1957 Yves Klein, war von dessen Werk überaus beeindruckt und begann kurz darauf monochrom mit roter Farbe zu arbeiten. Recht schnell zeigte Aubertin seine Werke öffentlich und wurde in damaligen Avantgardekreisen – auch durch seinen performativen Einsatz von Feuer – bekannter. Bereits 1961 wurde er Mitglied der Düsseldorfer Gruppe Zero und war somit auch Teil der großen Zero-Überblicksausstellung 2014 im Guggenheim Museum in New York. Ab den frühen 1960er Jahren unterhielt er Kontakte zur niederländischen Gruppe Nul sowie zur Galleria Azimut in Mailand und deren Umfeld. Dennoch blieb seine Bekanntheit immer ein wenig hinter den großen Namen von Zero in Düsseldorf (Uecker, Piene, Mack) oder deren Vorläufern in Italien (Manzoni, Fontana) zurück.

Neun Jahre nach seinem Tod soll mit einer großen Ausstellung an diesen Künstler erinnert und ein neuer Blick auf sein Werk gewagt werden. Wenn dies im Kunstmuseum Reutlingen | konkret geschieht, dann deshalb, weil der aus Frankreich stammende Künstler genau hier ideale Produktionsbedingungen vorfand und daher seinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt von 1988 bis 2015 nach Reutlingen verlegt hatte. Die spezifische Ateliersituation und die Möglichkeit im selben Haus auszustellen, hat sich auf die Produktion der Werke, ihre Dimensionen und die verwendeten Mittel sichtbar ausgewirkt. Das Verweben künstlerischer Produktionsprozesse mit den Strukturen des Alltags wurde von Bernard Aubertin in Reutlingen permanent selbst dokumentiert.

Aubertins besondere Verbindung zur Reutlinger Stiftung für konkrete Kunst, namentlich Gabriele Kübler und Manfred Wandel, und sein Atelier zunächst in der Gartenstraße, dann in den Wandel-Hallen (1991–2008) ermöglichten ihm ungestörtes Arbeiten und die Produktion seiner größten seriellen Werke. Die Ausstellung Rouge et plus zeigt verschiedene dieser großen Werkserien, vor allem aber auch, dass Bernard »le rouge« keinesfalls auf das Rot zu reduzieren ist. Darüber hinaus ermöglichen historische Fotodokumente und Relikte aus dem Atelier und den Wandel-Hallen sowie private Aufzeichnungen zum ersten Mal Einblicke in die persönliche Arbeitssituation Aubertins. Zudem werden in gewisser Weise ikonisch gewordene Werke früherer Werkphasen ab 1958 präsentiert, um die Besonderheit der in großen Wandinstallationen mündenden seriellen Arbeiten späterer Dekaden hervorzuheben. Sämtliche Exponate der Ausstellung befinden sich heute in der Sammlung des Kunstmuseum Reutlingen | konkret.

Kuratiert von Stef Stagel und Steffen Schlichter
Katalog: 20 x 27 cm, ca. 200 Seiten, ca. 120 Abbildungen, Texte von Bernard Aubertin, Holger Kube Ventura, Gabriele Kübler, Steffen Schlichter, Stef Stagel; Kerber Verlag. Museumspreis: 10 Euro

Eröffnung: Freitrag, 17. Mai 2024, 19 Uhr

Teile diese Veranstaltung
Details der Veranstaltung
Kommentar schreiben

Details der Veranstaltung