Die Madonna des heiligen Sebastian wurde um 1524 von Correggio für die Bruderschaft des heiligen Sebastian in Modena gemalt. Historische Überlieferungen belegen, dass das Altarbild bereits im Besitz der Bruderschaft beschädigt war und sich sein Zustand in den folgenden Jahrhunderten verschlechterte. Die heute auffälligste Veränderung ist die wellenartige Oberfläche, welche sich auf die Verwendung ungeeigneter Bretter bei der Herstellung zurückführen lässt. Aufgrund der konvexen Brettverwölbungen kam es besonders an den Leimfugen zu Farbschichtlockerungen und -verlusten.

In der Vergangenheit wurde wiederholt versucht, Tafel und Malschicht zu stabilisieren. Neben dem Aufbringen rückseitiger Stützsysteme führten verschiedene Eingriffe an der Bildvorderseite jedoch dazu, dass die Malerei Correggios zunehmend überlagert wurde. Im Rahmen eines Forschungsprojekts werden Erhaltungszustand, Schadensursachen und Aspekte zu Correggios Maltechnik untersucht sowie eine umfassende Konservierung und Restaurierung von Malschicht und Bildträger vorgenommen. 

Die Farbenprächtigkeit und der Detailreichtum Correggios Malerei werden nach dem Forschungsprojekt wieder unmittelbarer zu erleben sein und so die Wiedergeburt (it. rinascita) dieses Meisterwerks ermöglichen. Aufgrund seiner hohen Empfindlichkeit kann Correggios Werk die Galerie nicht verlassen. Daher wird es vor Ort in einem gläsernen Schau-Atelier restauriert. So bekommen die Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, den Verlauf der Restaurierung mitzuerleben.

Das Schau-Atelier besuchen

Die Restauratorinnen arbeiten vorwiegend von Dienstag bis Freitag zu unseren Öffnungszeiten im Schau-Atelier. Der Blick ins Atelier ist darüber hinaus jederzeit auch am Wochenende während der Öffnungzeiten (täglich 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen) möglich.

Correggio in Dresden

Antonio Allegri (um 1489–1534), auch bekannt unter dem Namen seiner Geburtsstadt Correggio, ist heute vor allem für seine die Kunst des Barock prägenden Kuppelfresken in Parma berühmt. Dort hat er in den 1520er Jahren den Dom und die Kirche San Giovanni Evangelista mit revolutionären Deckengemälden ausgestattet, die die Grenzen des Darstellbaren erweiterten. Auch die intensive Betrachterbeziehung, die er mit seinen Werken forcierte, und sein Talent, Emotionen darzustellen, gaben wichtige Impulse für nachfolgende Künstlergenerationen. In den kommenden Jahrhunderten zählte er neben Michelangelo (1475–1564), Leonardo (1452–1519) und Raffael (1483– 1520) zu den bedeutendsten Künstlern der Renaissance. Heute ist Correggio im Vergleich zu seinen berühmten Zeitgenossen zu Unrecht weniger bekannt.

Mit insgesamt vier Altargemälden von Correggio besitzt die Gemäldegalerie den weltweit größten Bestand seiner Altarbilder. Dazu zählt die Heilige Nacht (um 1528/30), die gemeinsam mit den drei anderen Gemälden im 18.Jahrhundert aus der Estensischen Galerie aus Modena angekauft wurde und nach Dresden kam. Dort wurde das Werk vom damaligen Galerieinspektor als »Bild, welches in ganz Europa als die berühmte Nacht von Correggio bekannt ist« verzeichnet. Es ist Correggios bekanntestes Altargemälde und gehört zu den einflussreichsten Werken der westlichen Kunstgeschichte. Auch das früheste dokumentierte Altarbild, die Madonna des heiligen Franziskus (1514/15) und sein gemeinhin als letztes akzeptiertes Altargemälde, der Madonna des heiligen Georg (um 1529/30), befinden sich in Dresden. Dieser einzigartige Bestand erlaubt einen einmaligen Einblick in Correggios Früh- bis zu seinem Spätwerk. 

Erste Schritte der Restaurierung

Vor Beginn der Restaurierung von Correggios Madonna des heiligen Sebastian wurden verschiedene strahlendiagnostische Untersuchungen, wie Röntgen, UV-Fluoreszenzanalyse und Infrarot-Reflektographie, durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse zum maltechnischen Aufbau und zum aktuellen Zustand der Malschicht und des hölzernen Bildträgers. Sie bilden, neben anderen Quellen, eine wichtige Grundlage für das Restaurierungskonzept.

Zurzeit findet die Konservierung und Restaurierung an der Vorderseite des Gemäldes statt. Die Bearbeitung erfolgt, weil die Malerei insgesamt durch stark vergilbte, ungleichmäßig aufgetragene Firnisschichten, gealterte Kittungen sowie farbveränderte Retuschen und Übermalungen aus vergangenen Jahrhunderten in der ästhetischen Wirkung eingeschränkt ist. Bevor mit deren Abnahme begonnen werden konnte, wurden zunächst Löslichkeitsproben an einzelnen, kleinen Partien im Gemälde durchgeführt. Mit der am besten geeigneten Methode werden nun die Firnisschichten und Übermalungen schrittweise reduziert, ohne die darunterliegende originale Malschicht zu beeinträchtigen. Die ursprüngliche Farbigkeit von Correggios Malerei, die größtenteils erhalten scheint, wird zunehmend wieder sichtbar werden.

Firnisabnahme

Im Zeitraum von August 2022 bis März 2023 fand an der Bildvorderseite von Correggios Madonna des heiligen Sebastian eine Firnisabnahme statt. Voruntersuchungen ergaben, dass diese Überzugsschicht aus mindestens neun übereinanderliegenden, verschiedenen Harzaufträgen (Firnis) mit zwischenliegenden Retuschen und Schmutzablagerungen bestand. Diese überdeckten die Malerei Correggios, machten sie fleckig und braun. Durch die Entfernung wurde das Gemälde in seiner Farbigkeit, Räumlichkeit und Kontrastvielfalt wieder dem ursprünglichen Zustand angenähert. Zudem wurden malerische Details freigelegt, die über Jahrhunderte hinweg verborgen waren. Es kamen jedoch auch zahlreiche und bisher verborgene Schadstellen und deren Übermalungen zum Vorschein, insbesondere an den vier senkrechten Brettfugen der fünf aneinander geleimten Holzbretter. In der aktuellen Arbeitsetappe wird die Farboberfläche von tiefliegenden Übermalungen und Kittungen befreit, mit dem Ziel, die darunter noch erhaltenen, originalen Farbschichten Correggios wieder freizulegen.

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