George Clark, Jörg Gfrörer & Wolfgang Jung & Walter Krieg, Elke Marhöfer, Marta Rodríguez & Jorge Silva, Bárbara Wagner & Benjamin de Burca
Das Land denen präsentiert fünf dokumentarische und künstlerische Filme im Atrium des Badischen Kunstvereins sowie im interkulturellen Projektraum COLA TAXI OKAY, die sich auf unterschiedliche Weise mit den sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen des Landbaus beschäftigen. Zugleich adressiert die internationale Filmauswahl den Kampf um Landrechte und Dekolonisierung und reflektiert Bildpolitiken und Narrative, die sowohl in Landschaften und bäuerliche Traditionen als auch in das Medium Film eingeschrieben sind.
Die Enteignung von Jörg Gfrörer, Wolfgang Jung und Walter Krieg, 1975 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) entstanden, beschreibt die Auswirkungen der Industrialisierung der Landwirtschaft auf norddeutsche Nebenerwerbsbetriebe, welche in die Abhängigkeit von Großbauern und Lebensmittelkonzernen geraten. Die extreme Gesundheitsgefährdung, der die Arbeiter:innen der kolumbianischen Blumenindustrie ausgesetzt sind, thematisiert der zweite historische Beitrag, Marta Rodríguez’ und Jorge Silvas Amor, mujeres y flores (1989): Unmengen an Pestiziden verseuchen die für den Export in die USA und nach Europa bestimmten Schnittblumen. Der neue Film von Bárbara Wagner und Benjamin de Burca, Fala da Terra (2022), der am 11. November im COLA TAXI OKAY gezeigt wird, porträtiert die Arbeit des Coletivo Banzeiros, einer von Mitgliedern der brasilianischen Landlosenbewegung MST gegründeten Theatergruppe. Spielszenen vor Publikum und dokumentarische Aufnahmen vermitteln die Kraft kollektiven Widerstands gegen die fortgesetzte Ausbeutung von Natur und Menschen.
Von Praktiken der Selbstorganisation handelt auch George Clarks Film Sea of Clouds / 雲海 (2016), der die Beziehung zwischen Landschaft und Geschichte Taiwans untersucht. Am Beispiel der klandestinen Nutzung ländlicher Kinovorführungen für politische Zwecke während der japanischen Kolonialherrschaft hinterfragt Clark den Akt der Übersetzung: Wie steht das, was wir sehen, zu dem, was wir hören, das, was gesagt wird, zu dem, was übersetzt wird? Elke Marhöfer verfolgt in ihrer künstlerischen Arbeit einen affektiven Zugang zum Thema Artensterben, das sie nicht primär als Zerstörung, sondern als Chance und Übergang versteht. In Becoming Extinct (Wild Grass) von 2017 ertastet Marhöfers Kamera die Pflanzenwelt der südrussischen Steppe, um die Zukunft eines inklusiven Mensch-Natur-Verhältnisses zu imaginieren.
Kuratiert von Florian Wüst