Mit dem Thema »Phantasien« widmet sich das Nolde Museum Seebüll erstmals einem bislang wenig beachteten Werkkomplex von Emil Nolde. Spontan und unbewusst malte er über alle Phasen seines Schaffens hinweg kuriose Geschöpfe auf Leinwand und Papier. Es sind darunter sowohl lustige Gesellen als auch gespenstisch wirkende Wesen zu finden.
Der berühmte Expressionist die Natur stets belebt von phantastischen Wesen: »der Himmel, die Wolken, auf jedem Stein und zwischen den Zweigen der Bäume, überall regten und lebten in stillem oder wildem lebendigem Leben meine Gestalten«. Im deutsch-dänischen Grenzland fand der Maler wie er notierte, »das Dämmerige, Phantastische des Nordens«. Nach jedem künstlerischen Ausflug in die Welt dieser Wesen kam er aber zurück in die Realität: »Wenn die Bodennähe im romantisch phantastischen freien Schaffen mir zu verschwinden schien, stand ich suchend wieder vor der Natur, Wurzeln in die Erde versenkend.«
In der Jahresausstellung 2024 treten Gemälde und Aquarelle der Phantasien in den Dialog mit Meisterwerken der berühmten Bildgattungen Blumengarten, Landschaft, Meeres- und Figurenbild. Die späten » Bilder« beschließen abseits des Mythos, der um ihre Entstehung gewebt wurde, in ihrer unbändigen Kreativität den Kreis der phantastischen Werke.
Die Schau lädt ein, seinen eigenen Träumen und Phantasien lustvoll und kreativ nachzugehen und sich mit Nolde in Gefilde »jenseits von Regeln und kühlem Wissen« zu begeben. Sich darauf einzulassen, erweitert den eigenen Blick auf die unerschöpflichen Möglichkeiten des Menschen, sein Leben und seine Umwelt zu gestalten. Tatsächlich wird der Ideenreichtum Noldes auch die stetig wachsende Community der Anhänger von Fantasy-Welten faszinieren. Die Gruppe der Phantasien zeigt die Aktualität von Noldes Werk für die Gegenwart. Anhand von etwa 120 Meisterwerken aus der Sammlung wird im sanierten Wohn- und Atelierhaus diesen und anderen Überlegungen nachgegangen.
»Der Künstler löst sich von der Wiedergabe eines Naturvorbildes und lässt sich allein von seiner Phantasie und seinem inneren Erleben leiten, spontan und unbewusst. Die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen. Vor uns entsteht ein Kosmos von Aufsehen erregenden, merkwürdigen, oftmals lustigen Gesellen, auch gespenstisch wirkenden Geschöpfen. Der Künstler könnte von Märchen und Sagen inspiriert sein, insbesondere entspringen die Fabelwelten schlicht seiner unbändigen Phantasie.«
Dr. Christian Ring, Direktor des Nolde Museums, Kurator der Ausstellung