Die Kestner Gesellschaft freut sich, ein neues Projekt für die Fassade ihres Gebäudes vorstellen zu können: eine Neonarbeit new horizon is a wave der polnischen Künstlerin Ewa Partum.

Die visuelle Dichterin und Pionierin der osteuropäischen feministischen und konzeptuellen Kunst, Ewa Partum, schuf 1972 das poetische Manifest new horizon is a wave, während sie das Ufer der Ostsee betrachtete und über die Zwänge des soziopolitischen Lebens unter dem kommunistischen Regime nachdachte. Ursprünglich als Stempelzeichnung im Rahmen von Partums ikonischer Serie poem by ewa konzipiert und von der Künstlerin über ihre eigene, inzwischen legendäre Galerie Adres in Lódz (die bald zu einem Zentrum der polnischen Mail Art werden sollte) weltweit vertrieben, wurde new horizon is a wave als kühne Ankündigung des Neuen wahrgenommen, die eine prophetische Botschaft von der Notwendigkeit einer besseren Zukunft, einer neuen Perspektive, die auf Veränderung, ständiger Bewegung und Pluralität beruht, in sich trägt.

Als Linie, an der sich die Erdoberfläche und der Himmel zu treffen scheinen, markiert der Horizont die Grenze von Wissen und Erfahrung – eine Grenze, an der Bekanntes und Unbekanntes zusammenfließen, an der das, was wir sehen und durchqueren können, auf das trifft, was ungesehen, noch unerforscht und möglicherweise undurchdringlich ist. Ob an einem nebligen Tag oder bei kristallklarem, blauem Himmel, der Horizont ist der Beginn einer neuen Grenze, eine Zone der Herausforderung und des Versprechens. Für Ewa Partum ist (ein) neuer Horizont eine Welle: eine nie stillstehende, oft unvorhersehbare, sich stets entwickelnde Strömung, eine revolutionäre Kraft, die Fortschritt und Verjüngung bringt, jenseits von Träumen und Wünschen, eine Umarmung der Weite des Lebens und der Verbundenheit aller Dinge, letztlich ein zarter Hinweis auf die Hoffnung und den Glauben an die unendlichen Möglichkeiten der unerforschten Gebiete, die sich vor und hinter uns erstrecken.

Die kritische Geste von new horizon is a wave hat Ewa Partum durch mehr als ein halbes Jahrhundert ihres Lebens und ihrer bisherigen Karriere begleitet und dabei neue Bedeutungen sowie verschiedene Formen und Darstellungen angenommen. Die Kestner Gesellschaft ist stolz darauf, die ursprüngliche Version des Werks – eine Stempelzeichnung von 1972 – sowie die filmische Version von 2017 auf der Lyon Biennale mit einer statischen Aufnahme des stürmischen Meeres und die neue Wiedergabe von new horizon is a wave als Neonarbeit zu präsentieren, die mit dem intensiven und vibrierenden elektrischen Blau über die türkisfarbene Oberfläche der Glasfassade des Gebäudes strahlt und einmal mehr kraftvoll auf ihre Dringlichkeit und Relevanz hinweist.

Ewa Partum (geb. 1945 in Grodzisk Mazowiecki, Polen) gehört zur ersten Generation polnischer Konzeptkünstlerinnen, die den Weg für feministische Performance- und Körperkunst ebneten und den politischen Aktivismus des ehemaligen Osteuropas bezeugten. Partum, die bekräftigt, dass »jeder Akt des Denkens ein Akt der Kunst ist«, konzentriert sich in ihren Aktionen und Installationen im öffentlichen Raum sowie in ihrer Mail-Art oder visuellen oder »aktiven« Poesie auf die politische Ökonomie von Zeichen und die Materialisierung von Sprache.

Ewa Partum hat in den letzten Jahren an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter Wack! Art in the Feminist Revolution im MoCA Los Angeles (2007); European Contemporary Art Biennale Manifesta 7 in Italien (2008); re.-act. – Feminismus – Performancekunst der 1960er und 70er Jahre heute in der Akademie der Künste in Berlin; REBELLE. Kunst und Feminismus 1969–2009 im Museum voor Moderne Kunst in Arnheim; Gender Check. Weiblichkeit und Männlichkeit in der Kunst Osteuropas im Museum Moderne Kunst in Wien (2009); Promesse du passé im Centre Pompidou in Paris (2010); Intense Proximity, La Triennale im Palais de Tokyo in Paris (2012); 18th Sydney Biennale (2012–13); Bigger Splash Painting after Performance, Tate Modern, London (2012–13); Transmissions: Art in Eastern Europe and Latin America, 1960–1980, MoMA, New York (2015–16).

Zuletzt erhielt Ewa Partum den Lovis-Corinth-Preis 2024 des Kunstforums Ostdeutsche Galerie Regensburg, in dem derzeit die Retrospektive der Künstlerin »ewa partum: my touch is a touch of a woman« (bis 8. September 2024) zu sehen ist.

Kurator: Adam Budak

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