Nierentisch und Wirtschaftswunder im Westen, Planwirtschaft und »Jugendstunde« im Osten – im ersten Nachkriegsjahrzehnt produzierten die Keramikmanufakturen gemäß der politischen Agenda. Das Hetjens – Deutsches Keramikmuseum freut sich über eine großzügige Schenkung von Keramikobjekten, die einen großen Teil der Formen und Glasuren der Manufakturwaren aus den 1950er repräsentiert. Die Sammlung der Künstlerin Ursula Dorothea Bauer wird in Teilen an das Museum gehen.
Im Westen sind es Werkstätten wie BAY-KERAMIK, JASBA, SCHEURICH und STEULER, die für die breite Masse formelegante Waren anbieten, passend zu dem modernen Einrichtungsstil der US-amerikanisch inspirierten Wohnungen. Im Osten produzieren die »Volkseigenen Betriebe (VEB)«, wie die VEB GEOKeramik, die VEB Lausitzer Keramik Bischofswerda oder die VEB Keramische Werke Haldenleben Keramikvasen und Geschirre, die – anders als das devisenbringende Meissner Porzellan – für die Bürgerinnen und Bürger des Arbeiter- und Bauernstaates erschwinglich sein sollten. Die Formensprache der Alltagsgegenstände in Ost und West war gemäß dem Zeitgeschmack weich und organisch. Sehr beliebt waren Craquelé-Glasuren und Ritzdekore. Auffällig ist das Kopieren kommerziell erfolgreicher Dekore und Formen – die Homogenität des 50er-Jahre-Designs erklärt sich auch durch das gegenseitige Nachahmen der Werkstätten und Manufakturen. Alteingesessene Fabriken wie beispielsweise WÄCHTERSBACH konnten an Formen und Glasuren der Weimarer Republik anknüpfen, andere Werkstätten punkteten mit der Entwicklung neuer Techniken. Die in Höhr-Grenzhausen ansässige SGRAFO MODERN erlangte Bekanntheit mit der aufwendigen Sgrafo-Technik, bei der Farbschichten aufgetragen und durch Anschneiden und Einkerbung partiell freigelegt werden.
Die so entstandenen Effekte waren besonders reizvoll und erinnern an Lucio Fontanas Schlitzbilder. U. D. BAUER engagierte sich jahrelang ehrenamtlich im Berliner Keramikmuseum, unweit des Schlosses Charlottenburg. Als Künstlerin sammelte sie mit sicherem Blick vor allem Keramiken, die Kunstströmungen ihrer Zeit in Form und Dekor aufnahmen. Den Schwerpunkt der Sammlung Bauer bilden Keramiken aus Ost- und Westdeutschland der 1950er Jahre. Ergänzt durch ausgewählte skandinavische Manufakturen sowie Beispiele aus den 1960er und 70er Jahren geben sie einen umfassenden Eindruck der Keramikdesigngeschichte aus drei Jahrzehnten.