Und andere Visionen für das Museum Kurhaus Kleve
Das Museum Kurhaus Kleve feierte im 2022 sein 25-jähriges Jubiläum, welches entlang traditioneller Achsen angelegt war. In den diversen Feierlichkeiten ging es in erster Linie darum, an die Errungenschaften der letzten 25 Jahre zu erinnern, von der Phase der Gründung des Museums über die prägenden Arte Povera-Ausstellungen bis hin zu einer Verjüngung und Dynamisierung des Hauses. Während das Museum Kurhaus Kleve seinen guten Ruf ohne Zweifel diesen Meilensteinen verdankt, kam in der Hektik des Jubiläums die Frage nach einer kritischen Bestandesaufnahme und nach Visionen für das Museum, auch aufgrund von personellen Ressourcen zu kurz. Es konnten weder die Ausstellungsschwerpunkte, die Sammlungspolitik und -präsentation noch die aktuellen Veranstaltungsformate kritisch befragt werden – noch fand eine Auseinandersetzung mit visionären und inklusiven Formaten statt.
Im Sinne eines Hausputzes soll mithilfe des gesamten Teams sowie mit außenstehenden Regisseur:innen, Perfomer:innen, Künstler:innen und Kurator:innen, das Haus und seine Aktivitäten betrachtet, überdacht, entstaubt und entrümpelt werden. Dazu soll das Haus nicht wie üblich mit Objekten gefüllt werden, welche von Kurator:innen ausgesucht und dann der Öffentlichkeit präsentiert werden, sondern es soll eine offene Plattform darstellen, die von Gästen bestückt werden kann oder auch nicht. Geplant ist, dass die Räume nach dem Abbau der Frühjahrsausstellung leer bleiben und dann in drei Abschnitten drei Schwerpunkten gewidmet sind, u.a. mit eingeladenen Performer:innen.
Dabei ist diese Ausstellung nur der Anfang einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit der Lokalität des Hauses (seiner geographischen, sozialen, politischen, architektonischen Bedingungen), mit den kuratorischen Konzepten, mit der gesellschaftlichen Verantwortung des Museums und mit der Möglichkeit etwas Neues zu schaffen.
Blockadia* Tiefsee
Das Kollektiv »Blockadia*Tiefsee« wurde 2015 von der Künstlerin Susanne M. Winterling und der Kuratorin Antonia Lotz gegründet. Es besteht aus wechselnden Besetzungen und befasst sich mit ökologischen, ökonomischen und technologischen Transformationen. Ihre Schwerpunkte kreisen um die Möglichkeiten der Selbstorganisation, Solidarität und gesellschaftlichen Verantwortung vor dem Hintergrund der Klimakrise und des Kapitalismus.
Ausgangspunkte des Kollektivs sind unter anderem Naomi Kleins Buch »This Changes Everything. Capitalisum vs The Climate«, Doug Ashfords Essay »Empathy and Abstraction«, Rachel Carsons »The Sea Around US« und vor allem Donna Haraways Essay »Tentactular Thinking: Anthropocene, Capitalocene, Chtulucene“. Haraway schlägt ein radikal neues Denken und Handeln vor, das nicht mehr den Menschen ins Zentrum stellt, sondern in Anlehnung an Bruno Latour Akteure und Netzwerke bildet.
Pflanzen, Tiere, Bakterien, Pilze, Menschen und Gegenstände sind miteinander verwandt. Um zu überleben, ist es für Haraway fundamental, dass nicht mehr als Individuum agiert wird, sondern Assemblagen zwischen den verschiedenen Spezies gebildet werden.
Andere Anknüpfungen von »Blockadia* Tiefsee« sind unter anderem die »documenta“-Installation der Honigpumpe von Joseph Beuys, das selbstorganisierte und bedürfnisorientierte gemeinsame Produzieren, Verwalten, Pflegen und Nutzen des Commoning und die Prinzipen der Permakultur.
Im Museum Kurhaus Kleve
Für das Museum Kurhaus Kleve entwickelte »Blockadia* Tiefsee« im Rahmen der Ausstellung „Hausputz! Und andere Visionen für das Museum Kurhaus Kleve“ von 12. Juli 2023 bis 3. Oktober 2023 verschiedene ortsspezifische Installationen, die sich um mit Erde gefüllte Beete, die sogenannten »Earthbeds«, drehen. Die Beete beruhen auf einem Prototypen, der im Jahr 2021 für eine Ausstellung in Frankfurt entstanden ist. Im Kurhaus werden die Beete sowohl als funktionale Plattformen im Außenraum aufgebaut und dort mit Pflanzen bestückt, als auch im Innenraum als Plattform und Nährboden für die Präsentation von Kunstwerken eingesetzt.