Eine Installation des Künstlers Sebastian Jung im Foyer des Jüdischen Museums München im Rahmen des Festivals KAFKA2024

Am 3. Juni 1924 stirbt Franz Kafka an den Folgen seiner langjährigen Tuberkulose-Erkrankung in einem Sanatorium bei Wien. Er wird am 11. Juni auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Prag beigesetzt. Es folgen die postume Veröffentlichung seiner Werke und schließlich der Weltruhm. Während Franz Kafkas Leben in zahllosen Biografien festgehalten ist, bleiben seine drei Schwestern weitestgehend im Schatten.

In Kafkas 100. Todesjahr möchte das Jüdische Museum München mit einer Intervention des Künstlers Sebastian Jung an das Leben und Schicksal seiner drei Schwestern erinnern:

Gabriele Hermann (1889–1942)
Valerie Pollak (1890–1942)
Ottilie David (1892–1943)

Wer waren Elli, Valli und Ottla, wie Kafka seine Schwestern stets nannte? Am meisten wissen wir über Ottla, die Jüngste, die zeitlebens enge Vertraute ihres Bruders war. Im Briefwechsel der beiden lernen wir sie als unerschrockene junge Frau kennen, die sich beruflich unabhängig machen möchte, abwägt nach Palästina zu emigrieren und schließlich gegen den Protest des Vaters einen katholischen Tschechen heiratet. Elli und Valli, die beide früh heiraten und das Elternhaus verlassen, tauchen in Kafkas Aufzeichnungen nur am Rande auf.

1941 werden Elli und Valli mit ihren Familien in das Getto Łódź deportiert und 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) ermordet. Ottla wird 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie als Betreuerin in einem Kinderheim arbeitet. 1943 begleitet sie einen Transport polnischer-jüdischer Kinder in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, wo sie ebenfalls ermordet wird. Die drei Biografien stehen stellvertretend für die Auslöschung des deutschsprachigen Prager Judentums, als dessen Symbolfigur Franz Kafka heute gefeiert wird.

Die Aquarellzeichnungen »Drei Schwestern«, die im Zentrum der Intervention stehen, entstanden nach einem Kinderfoto der Schwestern und waren erstmals in der Ausstellung »KAFKA: 1924« (bis 11.02.2024) im Museum Villa Stuck zu sehen. Mit dem Umzug der Bilder ins Foyer des Jüdischen Museums München sollen das Leben der drei Schwestern und der jüdische Familienhintergrund Kafkas in den Blick rücken. Die Installation wird im Rahmen von Kafka2024 gezeigt, einem ganzjährigen Festival im 100. Todesjahr Franz Kafkas mit Ausstellungen und Veranstaltungen in München, Prag und weiteren Städten.

Zum Künstler:
Sebastian Jung, geboren 1987 in Jena, studierte Kunst und Gestaltung an der Bauhaus-Universität in Weimar. Er arbeitet mit Zeichnung, Malerei und Skulptur, gestaltet Publikationen und initiiert als Künstler interdisziplinäre Projekte in Zusammenarbeit mit Vertreter:innen aus Politik, Populärkultur, Literatur und Wissenschaft. Seine Arbeiten wurden unter anderem in der Kunstsammlung Jena, im Kunstverein Rosenheim, in der nGbK (neue Gesellschaft für bildende Kunst) in Berlin, im NS-Dokumentationszentrum München, im Münchner Stadtmuseum und im Neuen Museum Nürnberg ausgestellt.

Kuratorin: Lara Theobalt

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