Die kalifornische Künstlerin Liz Craft (*1970, Los Angeles, CA, USA) schafft Skulpturen und figurative Installationen, die wie Fragmente im Raum stehen und von Geschichten zu erzählen scheinen, deren träumerische Atmosphäre mit Surrealismus, Feenmärchen oder Drogenhalluzinationen in Verbindung gebracht werden kann. Ihre Formensprache wirkt unmittelbar, wobei sich Techniken und Materialien hierarchielos zusammenfügen und von Stoff, Plastik, Glas, Pappmaché bis zu Kunstharz, Keramik oder Bronze reichen.

Für ihre Kunst schöpft Liz Craft vor allem aus dem Ge­dan­ken­gut der ame­ri­ka­ni­schen Ge­gen­kul­tur der 1960er Jahre, dem Psy­che­de­lis­mus und der Pop­kul­tur. Sie be­dient sich Bild­re­fe­ren­zen aus B-Mo­vies, Wes­tern- oder Hor­ror­fil­men, Co­mics oder der Äs­the­tik der Ku­lis­sen von Ver­gnü­gungs­parks. Immer wie­der hebt die Künst­le­rin Fi­gu­ren wie Hexen, Ein­hör­ner, Mo­tor­rad­fah­rer, Pi­ra­ten oder den Tod aus ihren Kon­tex­ten her­aus und zi­tiert, über­treibt und ver­dich­tet sie in ihren Wer­ken. Die In­stal­la­ti­on Ms. Ame­ri­ca (2022) ba­siert auf der Ge­stalt des Pac-Man, einer be­kann­ten Figur aus den ers­ten Vi­de­o­spie­len. Craft setzt ihr eine rote Schlei­fe auf den Kopf und re­du­ziert ihren Kör­per auf eine schwa­r­ze Toga aus Samt. Im Ge­gen­satz zu der aus­drucks­star­ken Ges­tik der Spi­der La­dies (2015) sind die Fi­gu­ren von Ms. Ame­ri­ca in ihrer sta­ti­schen Hal­tung ent­frem­det, ihr Mund ist weit auf­ge­sperrt und ihr Blick ver­liert sich an der Decke.

Im Ausstel­lungs­raum tre­ten die Werke zu­ein­an­der in Be­zie­hung und wer­den zu Ak­teu­ren eines Büh­nen­stücks. Die Bli­cke ihrer Fi­gu­ren, die Worte und Ges­ten kon­stel­lie­ren sich in jeder Prä­sen­ta­ti­on neu und de­fi­nie­ren eine an­de­re Er­zäh­lung. Die Wands­kulp­tu­ren der Serie Speech Bub­bles, deren Form an Sprech­bla­sen aus Co­mics oder So­fort­nach­rich­ten er­in­nert, schei­nen Ge­sprä­che wie­der­zu­ge­ben, die die Werke un­ter­ein­an­der füh­ren. Als Werk­ti­tel wählt sie schlag­kräf­ti­ge Aus­sa­gen Suck it Hip­pie! (2017) oder Do You Love Me Now (2019). Auch bei zwei gros­sen Skulp­tu­ren zeigt sich deren Di­a­log in den je­wei­li­gen Ti­teln: Die erste fragt What are you going to do about it? und er­hält von der zwei­ten ein tro­ckenes Go fuck your­self (beide 2017).

Liz Crafts skulp­tu­ra­le Ar­beit hat etwas aus­ufern­des, wie die Wand­a­r­beit Stran­ge Thing (2018), ein pa­ra­si­tä­rer Or­ga­nis­mus aus elek­tri­schen Schalt­käs­ten und Ka­bel­lei­tun­gen, der sich über die Wände aus­brei­tet und ihre Gren­zen aus­lo­tet. Ihre Werke er­in­nern an jene ka­li­for­ni­sche Re­spekt­lo­sig­keit, die unter dem Be­griff »Too Cool for School« zu­sam­men­ge­fasst wer­den kann. Die Re­de­wen­dung be­schreibt eine At­ti­tü­de, die aus ame­ri­ka­ni­schen Tee­n­a­ger­fil­men stammt und sich auf ein läs­si­ges, aber ar­ro­gan­tes In­di­vi­du­um be­zieht, das sich gerne über Re­geln und so­zi­a­le Codes hin­weg­setzt. Sie ist aber auch der Titel eines be­kann­ten Ar­ti­kels des Au­tors Den­nis Cooper, der von der aus­ge­las­se­nen und le­ben­di­gen Kunst­sze­ne im Los An­ge­les der 1990er Jahre han­delt und in des­sen Kon­text er Crafts Namen nennt. Diese lebte vor allem vom En­ga­ge­ment der UCLA (School of Arts and Ar­chi­tec­ture, Uni­ver­si­ty of Ca­li­for­nia, Los An­ge­les), die Liz Craft da­mals ge­ra­de ab­ge­schlos­sen hatte. Von der Re­le­vanz die­ser Künst­ler:in­nen­ge­mein­schaft zeugt das Ar­chiv von …my life in the suns­hi­ne (2006–2017). »Too Cool for School«: Die­ser Aus­druck hätte auch ein Werk­ti­tel von Craft sein kön­nen. Denn die Künst­le­rin ar­bei­tet gerne mit For­mu­lie­run­gen, die präg­nant, bis­sig, aber «fun» sind. 

Die Ausstel­lung ent­stand in Ko­ope­ra­ti­on mit dem Kunst­haus Cen­tre d’art Pas­quart, Biel/Bi­enne

Kurator:innen: Paul-Aymar Mor­gues d’Al­gues, Ste­fa­nie Gschwend, Di­rek­to­rin Kunst­mu­se­um / Kunst­hal­le Ap­pen­zell

Publikation
An­läss­lich der Ausstel­lung Liz Craft er­scheint im Herbst 2024 in Ko­ope­ra­ti­on mit dem Kunst­haus Pas­quart eine mo­no­gra­fi­sche Pu­bli­ka­ti­on.

Die Ausstellung wird freundlich unterstützt von
Hein­rich Ge­bert Kul­tur­stif­tung Ap­pen­zell

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