Der diesjährige Förderpreis »Keramik im Pulverturm« wird an die in Höhr-Grenzhausen lebende Bildhauerin Nora Arrieta verliehen. Sie erhält die Auszeichnung, dem Publikum ihre aktuellen Werke vom 30. Juni bis zum 25. August 2024 im mittelalterlichen Pulverturm vorzustellen. Die Keramikausstellung mit dem Titel »Schlaraffenland« wurde am Sonntag 30. Juni, um 11.15 Uhr im Beisein der Künstlerin Open Air vor dem Pulverturm am Schloßwall eröffnet.

Mit dem Förderpreis »Keramik im Pulverturm« werden seit 1996 junge Talente ausgezeichnet, die durch innovative und überraschende Positionen in der keramischen Kunstszene beeindrucken. »Nora Arrieta verwandelt den mittelalterlichen Pulverturm mit ihren farbgewaltigen Keramiken in ein zeitgenössisches Schlaraffenland, in dem es Konsumgüter im Überfluss gibt. Doch anders als in der märchenhaften Version des fiktiven Ortes, in dem Genießen die größte Tugend der Bewohner ist, ist die Welt bei Nora Arrietas Interpretation aus den Fugen geraten. Mit magischen Bildwelten, ironischer Absurdität und üppigen Glasuren entwirft die Künstlerin eine freche Ikonografie der Gegenwart, die den Widerstreit von menschlicher Kultur und Natur zeigt”, beschreibt Sabine Isensee die Arbeitsweise von Nora Arrieta.

Dekadentes Paradies

Die Bildhauerin erzählt von der menschlichen Sehnsucht nach dem dekadenten Paradies, wobei sie das künstlerische Stilmittel der Übertreibung wählt. Die Ausuferung von Informationen und Überforderung der Sinne visualisiert Nora Arrieta an ihren keramischen Skulpturen, die mit Sahnehäubchen, Fleischwaren, Süßigkeiten und Glasuren überhäuft sind. Dies zeigt ausdrucksstark bereits das Titelmotiv »Candy Knight«: der kindlichen Ritterfigur steckt ein brauner Schokoriegel obszön im Mund und sie trägt eine fragile Rüstung aus Porzellan, die üppig mit Süßwaren bewaffnet ist. Die Künstlerin sagt: »Ich untersuche die Emotionen und das Bewusstsein, welches den Menschen des 21. Jahrhunderts umhertreibt – die Assimilierung von Erlebtem und Phantastischem in realen und digitalen Räumen, globale Mobilität und die ständig wachsende Reizüberflutung von Informationen und Konsumgütern in einem unüberschaubaren Netz aus Apps, Bildern, Tagesnews und Trends.«

Dabei schöpft Nora Arrieta nicht nur die klassischen keramischen Techniken aus, sondern nutzt raffiniert auch digitale Möglichkeiten wie Video, 3D-Druck und Fototransfer, um den Kommunikationsraum zu erweitern. Mit ihrem Film »Gluttonium« macht Nora Arrieta im unteren Gewölbe des Pulverturms die Reizüberflutung und Übersättigung des Alltags auch digital erlebbar: Wie bei einem Fantasy-Portal wird der Blick des Betrachters in die Tiefe gezogen, wo animierte Objekte durch einen virtuellen Kosmos der Zeitlosigkeit fliegen. Die Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, sich auf dieses sinnliche Abenteuer im Oldenburger Pulverturm einzulassen.

Während der Ausstellung ist der Pulverturm freitags von 14 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der für 15 Euro im Pulverturm erhältlich ist.

Die Künstlerin

Nora Arrieta, 1989 in Leipzig geboren, absolvierte von 2009 bis 2014 ein Studium der Freien Kunst/Bildhauerei bei Prof. Berndt Wilde, Prof. Hanns Schimansky und Prof. Hannes Brunner an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Von 2014 bis 2017 war sie Meisterschülerin der Bildhauerei bei Prof. Martin Honert an der Hochschule Bildende Künste Dresden. Danach absolvierte Nora Arrieta ein Masterstudium Künstlerische Keramik von 2017 bis 2019 an der School of Art and Design am New York State College for Ceramics an der Alfred University, Alfred, USA. 2022 wurde die Künstlerin mit dem Frechener Keramikpreis und 2023 mit dem Grassipreis der Sparkasse Leipzig ausgezeichnet. Seit 2012 beteiligt sie sich an Ausstellungen und war mit ihren Werken in Berlin, Ahrenshoop, Rostock, Syracuse (USA), Zossen, Pittsburgh (USA), Medellin (Kolumbien), Münster, New York (USA), Köln, Meißen, Leipzig, Frechen, Chemnitz, München und Koblenz vertreten. Nora Arrieta lebt und arbeitet als Bildhauerin in Höhr-Grenzhausen und leitet seit 2020 die Werkstatt für Keramik am Institut für Künstlerische Keramik und Glas an der Hochschule Koblenz.

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