Im Mittelpunkt von Path Widens steht Leyla Yenirces Soundinstallation Ich krieg Geschwindigkeit (2023). Diese hallt durch den Ausstellungsraum, verbindet sich mit der Kunsthalle und wird zum Grundmotiv. Zeilen des Liedes Pêşiya Malê des armenisch-kurdischen Volkssängers Aram Tigran sind auf eigene Weise interpretiert und mit »knirschenden Schritten, einer mystischen Synth-Melodie, beiläufigen Gespräche, aufbäumendem bedrohlichem Noise-Rauschen, einem elegischen Klaviermotiv oder beherztem Lachen, das in verzerrtes, niederschmetterndes Schluchzen übergeht, […] zu einer akustischen Immersion verschmolzen« (Elisa R. Linn, 2023).

In Resonanz dazu kuratiert die visuelle Anthropologin Theresa George ein Programm internationaler Kurzfilme, auf deren filmischen Pfaden sich unser affektives, ökologisches und politisches Verhältnis zum Land, auf dem wir gehen und leben offenbart. Ausgangspunkt ist Yenirces neueste Videoarbeit Path Narrows (2024), für die sie New York City mit ihrem zoomstarken Camcorder gefilmt hat. Doch anstatt die Vertikalität der Stadt der Skyscraper in den Himmel zu verlängern, geht ihr Blick zum Boden, der nur eine weitere wandelbare Schicht des Urbanen zu bilden scheint. Zudem werden Rose Lowders 16mm-Film Turbulence (2015), Clara Josts Meine Liebe (2020), Shambhavi Kauls Slow Shift (2023), Einar Henriksens Skoglandskap (2023) und Sherko Abbas’ Silence Along the River (2021) gezeigt. Eine Lesung von Hengameh Yaghoobifarah bildet einen weiteren Programmpunkt.

Gemeinsam mit dem Gitarristen und Musikproduzenten Noah-Jinu Moerbeck inszeniert Yenirce am 6. April die Sound Performance Path Widens (2024) – musikalische Improvisation mit Synthesizerflächen und Gitarrendrones. Klang wird dabei zu einer eindringlichen, immersiven Erfahrung, bei der ähnlich wie bei der Soundinstallation Ich krieg Geschwindigkeit Stimmen, Schritte oder Klangartefakte in den Weiten der Komposition und der Kunsthalle verschwinden. Der sich weitende Weg, der hier beschworen wird, führt in Form von Frequenzen durch die Räume der Kunstinstitution. In diesem Koordinatensystem geraten verschiedene Stimmen, Sounds und Bilder in Schwingung, bahnen neue Wege oder verengen alte.

Leyla Yenirce (geb. 1992 in Qubine, Kurdistan) hat Kultur der Metropole an der HafenCity Universität Hamburg studiert. Anschließend setzte sie ihr Studium in Bildender Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg fort. Ihre Videoarbeiten, Installationen und Performances setzen sich mit vielschichtigen Aspekten und Themen wie kulturellen und medialen Dominanzstrukturen auseinander. Dabei entstehen oft filmisch-inszenatorische Werke anhand von Found Footage, die politisch und kritisch geladen sind. Ein zentraler Aspekt ihrer Arbeiten ist der bewusste Einsatz von Sound. Im Jahr 2020 wurde Yenirce mit dem Karl H. Ditze Preis ausgezeichnet. 2021 erhielt sie den Bundespreis für Kunststudierende, 2021 erhielt sie den Playground Art Prize. Sie ist Stipendiatin des Begabtenförderungswerkes der Heinrich-Böll-Stiftung. Yenirces Werke wurden in ausgewählten Gruppenausstellungen in der Bundeskunsthalle Bonn (2021/2022), beim kurdischen Filmfestival Berlin (2020), im Kunstverein Hamburg (2020) sowie im Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg (2019) gezeigt. Im Herbst 2022 zeigte das Kunsthaus Hamburg ihre Arbeiten in ihrer ersten Einzelausstellung mit dem Titel SO MUCH ENERGY.

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