von Unterflurwarten und Erdfunkstellen
Die Stadtlandschaften sind übersät mit grauen Kästen, Lüftungsrohren und vergitterten Öffnungen. Ist dies alles Infrastruktur? Oder wachsen unter dem Deckmantel der Daseinsvorsorge längst Pirateninseln wie Pilze auf einem undurchsichtigen Untergrund?
Während die Region einst von den Aktivitäten unter Tage geprägt wurde, ist es still geworden zwischen Flözen und Wetterschächten. Wo früher mit großem Aufwand der Untergrund ausgehöhlt und ans Tageslicht gebracht wurde, erinnern heute neben den denkmalgeschützten Industrieanlagen oft nur noch unscheinbare Grubengasventile auf Supermarktparkplätzen an die verflochtenen Anlagen unter der Erde. Sind sie die einzigen Verbindungstellen in eine Welt, zu der wir heute keinen Zugang mehr haben? Vielleicht gehören einige der Gullydeckel, Poller, Stromkästen, Litfaßsäulen, Abluftrohre, Trafohäuschen und Sendemasten längst zusammen, sind lediglich getarnte Fühler, Schnorchel oder Zugänge in eine Parallelwelt, die vorgibt, einen wichtigen Nutzen zu erfüllen.
Für die Ausstellung in den Flottmann-Hallen entwirft der Berliner Künstler und Architekt Peter Behrbohm ein immersives Narrativ, das die infrastrukturellen Fragmente entfernter Nachbarschaften als Teil eines subversiven Netzwerks untersucht. In modellhaften Szenerien beginnt das alltägliche Straßenmobiliar plötzlich ein seltsames Eigenleben zu führen. Seine Interventionen verstehen sich als prototypische Fehler und Pirateninseln in einer überfunktionalisierten Welt, die im Anschluss an die Ausstellung an unbekannten Orten zurück in den Alltag implantiert werden. Einzig verschlüsselt angebrachte Rufzeichen werden Rückschlüsse auf die Erreichbarkeit der Stationen geben.
Über den Künstler: Peter Behrbohm ist ein in Berlin lebender Künstler und Architekt. In ausgiebigen Recherchen erforscht er zukünftige Konflikte und utopische Gesellschaften. Seine Arbeiten sind chirurgische Eingriffe in öffentliche Räume, Routinen und Diskurse, die die Konstruiertheit von Realität offenlegen. Er erhielt unter anderem den BDA-SARP-AWARD des Bundes Deutscher Architekten, das MAK Schindler Stipendium Los Angeles (2019) und war 2023 Fellow der Akademie der Künste Berlin.