Die Ausstellung Pier Paolo Pasolini. Porcili im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) rekonstruiert anhand zahlreicher Originalmaterialien – darunter Fotografien, Filme, Zeitungen, Bücher und Filmkostüme – den »corpo« Pasolinis. Sie zeichnet dessen Schaffen und Gedankenwelt nach und widmet sich dem visionären Leben und Werk des Regisseurs, Dichters und Denkers. Pasolinis radikale Diversität und seine Auflehnung gegen soziale Konventionen haben innerhalb der italienischen Gesellschaft der 1950er bis 1970er Jahre stets Anstoß erregt. Er provozierte vor allem durch seine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei und durch seine offen gelebte Homosexualität. Ihm widerfuhr öffentliche Verhöhnung bis hin zu gerichtlicher Verfolgung. 1975 wurde er unter nicht ganz geklärten Umständen ermordet. Die Ausstellung im n.b.k. zeichnet eine Chronik dieser Ereignisse und führt die Brutalität von Pasolinis Verfolgung vor Augen. Sie dokumentiert die systematische Diskriminierung eines Andersdenkenden, der zwischen Gerichtssälen, Straßenangriffen, Zensur und Spott den Körper der Freiheit besang.
Der Titel der Ausstellung nimmt Bezug auf Pasolinis 1969 gedrehten Film Porcile (Der Schweinestall), mit dem der Regisseur eine drastische Allegorie gesellschaftlicher Abgründe schuf. Für die Öffentlichkeit, das Justizwesen, rechte wie linke Politiker:innen, die katholische Kirche und das italienische Bürgertum war Pasolini eine verwerfliche Person, ein Grund für Skandal, ein »Schwein«, das Orte und Umgebungen frequentierte und bewohnte, die sie als »Schweineställe« (porcili) verurteilten. Er solidarisierte sich in seinen Werken und Veröffentlichungen mit der italienischen Unterschicht, äußerte sich blasphemisch, verteidigte sexuelle Lust und rebellierte gegen alle dem Körper aufgezwungenen Einschränkungen. In Porcile (Der Schweinestall) inszenierte Pasolini mittels einer radikalen Umkehrung von Wertvorstellungen die Grausamkeit jener auf Kontrollmechanismen beruhenden Gesellschaft, der er selbst zum Opfer fiel.
Kuratoren: Giuseppe Garrera, Cesare Pietroiusti
Co-Kuratorin: Clara Tosi Pamphili