Pierre-Louis Bouvier (1765–1836) ist einer der renommiertesten Genfer Miniaturisten seiner Zeit, darüber hinaus ein begnadeter Porträtist. Seine Bildnisse – Miniaturen in Aquarell und Gouache auf Elfenbein, Ölgemälde und Druckgraphiken – entstanden im Spannungsfeld der revolutionären Ereignisse im ausklingenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Der traditionsreichen Emailmalerei seiner Heimatstadt entwachsen, wandte er sich nach Paris, dem kulturellen Zentrum Europas. Hier wurde er geprägt von einer akademischen Porträtkonvention, einer eleganten Inszenierung, in der Anmut und Zartheit dominieren. Frankreichs gewaltsame Annexion von Genf und die damit einhergehende, sich rasant verschlechternde politische und wirtschaftliche Situation veranlasste viele Bürger zur Flucht. Bouvier setzte sich 1797 nach Hamburg ab, wo er sich einer bürgerlichen Kundschaft anpassen und die Wirklichkeit, das Gegebene und Sichtbare im Bildnis würdevoll zum Ausdruck bringen musste. Seine natürlichen Porträts verfolgten schlichtere Gestaltungskonzepte und neutralere Posen und mündeten innerhalb seines Œuvres in fokussierten, realistischen Charakterstudien.
Die Ausstellung führt Exponate aus allen Schaffensphasen zusammen. Damit soll Bouviers virtuoser Umgang mit unterschiedlichen Bildniskonzepten und seine Anpassungsfähigkeit an die Wünsche seiner Kund:innen Kontext der damaligen gesellschaftlichen Veränderungen verdeutlicht werden. Das Miniaturenkonvolut des Künstlers aus der Sammlung wird durch gross- und kleinformatige Leihgaben aus Museen und Schweizer Privatsammlungen ergänzt. Dabei wird Bouviers Werk in die hiesigen grossformatigen Bestände von Ölgemälden seiner Zeitgenossen François Ferrière, Firmin Massot, Wolfgang-Adam Töpffer und Jacques-Laurent Agasse eingebettet. Diese Kontextualisierung ermöglicht es, einen direkten Vergleich anzustellen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Bildsprache zu erkennen.
Kuratiert von Sonja Remensberger