Meat Joy, Touch Cinema, Pickelporno: Die Titel der Videoarbeiten sind programmatisch und reflektieren die Befreiung der Künstlerinnen von überlieferten Rollenmustern und zugleich von klassischen Kunstgattungen. Das Fernsehen und die digitalen Medien prägen seit den 1960er Jahren unseren Alltag. Daher erstaunt es wenig, dass sich Kunstschaffende den elektronischen Medien zuwandten und damit experimentierten. So veränderte der »Vater der Videokunst«, Nam June Paik, Fernsehbilder mit Hilfe starker Magnete so, dass diese zu gegenstandslosen Formen mutierten. Mit der Verfügbarkeit des tragbaren Videorecorders Ende der 1960er Jahre begann der Siegeszug der Neuen Medien. Der Begriff »Videokunst« bezieht sich dabei auf das Medium, das in Form von Ein-Kanal-Bändern, im Rahmen einer Videoinstallation oder als Videoskulptur, präsentiert wird.
Die Geschichte der Videokunst wurde aber wesentlich von Künstlerinnen geschrieben. Oft nutzten sie das Medium als Dokumentation performativer Aktionen wie Valie Export, Carolee Schneemann und Mona Hatoum. Zuweilen wurden Performances nur für die Videokamera entwickelt, oder die Technik selbst wurde thematisiert, um die Möglichkeiten des zeitbasierten Mediums zu erforschen. Der einfache Zugang zu den technischen Möglichkeiten digitaler Speichermedien führte gar zu filmischen Werken, deren Inhalt sich radikal von der Hochglanzästhetik von Hollywood-Produktionen unterschied, um eigene, oft beunruhigende Bildwelten zu erkunden wie in Keren Cyters trashigen Arbeiten oder Zilla Leuteneggers poetischen Bildfindungen.
Dank einer grosszügigen Schenkung von Heinz E. Toggenburger sowie zahlreicher weiterer Donationen konnte im Kunst Museum Winterthur in den letzten Jahren eine bedeutende Sammlung Neuer Medien zusammengetragen werden, von der Re:wind die Sicht von Künstlerinnen auf das Medium präsentiert.
Kuratiert von Konrad Bitterli