Das MdbK beherbergt seit seiner Gründung als bürgerliche Sammlung um die Mitte des 19. Jahrhunderts zwar zahlreiche Darstellungen von Frauen in unterschiedlichen Rollen – als Heilige, als Mutter, als Muse, als kämpferische Amazone oder laszive Femme fatale – eigenhändige Werke von Künstlerinnen sind hingegen unterrepräsentiert. Dies gilt insbesondere für die früheren Epochen. Warum ist das so? Die Ausstellung sucht nach Antworten und bietet die Möglichkeit, das Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Rollenzuschreibung und selbständiger weiblicher Kunstpraxis auszuloten.
Ausgangspunkt und Impulsgeberin ist das Selbstbildnis der amerikanischen Impressionistin Lilla Cabot Perry (1848–1933), das im Rahmen des Collection-in-Residence Programms der Terra Foundation, Chicago, im MdbK zu Gast ist. Hier zeigt sich die Malerin, eine Bekannte und Förderin von Claude Monet in dessen Haus in Giverny bei der Arbeit an der Staffelei. Der Darstellung weiblichen Kunstschaffens als Erwerbsarbeit – Cabot Perry trug wesentlich zum finanziellen Unterhalt ihrer fünfköpfigen Familie bei – werden in der Ausstellung unterschiedliche Formen künstlerischer Tätigkeit von Frauen gegenübergestellt, die jeweils von spezifischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt waren. Hierzu zählt der Ausschluss weiblicher Bewerberinnen von einer professionellen künstlerischen Ausbildung bis hin zu familiären Hindernissen.
Das »lange« 19. Jahrhundert von der Französischen Revolution bis in die Zeit der Weimarer Republik bildet den zeitlichen Kern der Ausstellung. Ausgewählte »Alte Meisterinnen«, von denen das MdbK einige wenige besitzt, eröffnen den Blick schlaglichtartig auf Praxis und Rahmenbedingungen früherer Jahrhunderte. Berücksichtigt werden dabei alle in den historischen Sammlungen des MdbK vertretenen Medien – von der Malerei über die Handzeichnung und Druckgrafik bis hin zur Skulptur.
Die Präsentation setzt die Initiativen des Hauses zur kritischen Erforschung der eigenen Sammlungsgeschichte fort. Mit einer vorurteilsfreien Sichtung der Magazine eröffnet sie Einblicke auf bislang kaum oder gar nicht Gezeigtes. Zugleich ermöglicht sie neue Perspektiven auf vermeintlich Bekanntes. Dem vielbeschworenen männlichen Blick auf die Frau als bloßem Objekt künstlerischer Darstellung stehen weibliche Selbstbilder gegenüber – auch hier mit bisweilen überraschenden Ergebnissen.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des MdbK mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Leipzig und wird gefördert durch die Terra Foundation for American Art.