Ob »Star Trek«, »2001: Odyssee im Weltraum« oder »Blade Runner«: in zahlreichen Science-Fiction-Filmen tauchen Designklassiker auf und prägen das Bild, das wir uns von der Zukunft machen. Umgekehrt inspirieren sich viele DesignerInnen am Genre der Science-Fiction, wenn sie Objekte für eine wie auch immer imaginierte Zukunft entwerfen. Der faszinierende Dialog zwischen Science-Fiction und Design ist das Thema der neuen Ausstellung im Vitra Schaudepot. Unter dem Titel »Science Fiction Design. Vom Space Age zum Metaverse« werden über 100 Sammlungsobjekte in einer futuristischen Inszenierung des argentinischen Künstlers und Designers Andrés Reisinger gezeigt, ergänzt um ausgewählte Exponate aus Film und Literatur. Die Präsentation schlägt einen Bogen von Beispielen des frühen 20. Jahrhunderts über das so genannte Space Age der 1960er und 1970er Jahre bis hin zu Designobjekten, die ausschließlich für virtuelle Zukunftswelten im Metaverse konzipiert sind.  

Das Genre der Science-Fiction in der Literatur gewann bereits im 19. Jahrhundert an Popularität, als der rasante technische Fortschritt des Industriezeitalters SchriftstellerInnen wie Mary Shelley oder Jules Verne dazu inspirierte, die drängenden Fragen ihrer Zeit in romanhafte Zukunftswelten fortzuschreiben. Von Anfang an kreiste das Genre um die großen Fragen der Menschheit – vom Reisen in unbekannte Welten über die Möglichkeiten aber auch Risiken neuer Technologien bis hin zu Liebe, Krieg und Tod. Mit der Entstehung des Films wurde die Science-Fiction schnell auch darin ein Hauptthema, wie eines der frühen Schlüsselwerke der Filmgeschichte in der Ausstellung zeigt: In »Reise zum Mond« aus dem Jahr 1902 imaginiert der französische Filmemacher Georges Meliès den Flug einer Rakete zum Mond und erschafft damit das Urbild des Science-Fiction-Films. In den folgenden Jahrzehnten erfährt die Science-Fiction nicht nur im Film einen rapiden Aufstieg, sondern bringt auch in der Literatur und Grafik neue Spielarten hervor, etwa im Bereich der Comics oder der sogenannten Pulp-Magazine, die mit schrillen Covern und namhaften Autoren wie Isaac Asimov, H.G. Wells oder Stanislaw Lem eine weltweite Fangemeinde erreichen.  

Was die Science-Fiction vorausgedacht hat, wird ab den 1950er Jahren schließlich Realität: die ersten Satelliten erobern das All, die Raumfahrt macht rasante Fortschritte und die beiden Blockmächte USA und Sowjetunion liefern sich einen Wettlauf um die erste Mondlandung, der von der ganzen Welt wie ein Krimi verfolgt wird. Das so genannte Space Age spiegelt sich nun auch deutlich im Design. DesignerInnen wie Gae Aulenti, Eero Aarnio, Luigi Colani, Joe Colombo oder Verner Panton entwerfen Möbel und Wohnlandschaften, die mit ihren organischen Formen und glänzenden Plastikoberflächen futuristisch aussehen aber ebenso die Lebens- und Wohngewohnheiten grundlegend neu denken sollen. Die DesignerInnen des Space Age nehmen sich nicht nur die Raumfahrt als Inspirationsquelle, sondern geben den RegisseurInnen der Science-Fiction auch die perfekten Möbel für ihre Filme an die Hand. So erobert eine ganze Welle von Designermöbeln nun die Leinwände, von Olivier Mourgues Djinn-Sessel in »2001: Odyssee im Weltraum« (1968) von Stanley Kubrick bis hin zu Eero Aarnios Tomato Chair in Barry Sonnenfelds »Men in Black« (1997) und Pierre Paulins Ribbon Chair in »Blade Runner 2049« von Denis Villeneuve (2017).  

Der Dialog zwischen Science-Fiction und Design setzt sich auch in den folgenden Jahrzehnten fort. Immer wieder tauchen Designikonen in Science-Fiction-Filmen auf, wie zum Beispiel der Orgone Chair von Marc Newson in »Prometheus« (2012) aber auch unerwartete Designobjekte wie Charles Rennie Mackintoshs Argyle Chair (1897) in »Blade Runner« (1982). Die Science-Fiction erweist sich dabei als sehr vielschichtiges Genre, das auch brisante Themen aufgreift, etwa den Klimawandel oder den Umgang mit künstlicher Intelligenz. Die neuen Möglichkeiten des computerunterstützten Entwerfens und des 3D Drucks sorgten auch im Design dafür, dass eine futuristische Ästhetik sich weiter erneuerte und Klassiker wie etwa Joris Laarmans Aluminum Gradient Chair (2013) hervorbrachte, den ersten aus Metall gedruckten Stuhl.  

Angesichts der aktuellen Projekte, den Weltraum zu erschließen, wird bereits von einem zweiten Space Age gesprochen. Wie also setzt sich der Dialog von Science-Fiction und Design heute fort, und wie könnte er in Zukunft aussehen? Die Verknüpfung von Zukunftstechnologien und drängenden gesellschaftlichen Themen ist nur eine denkbare Richtung. Die andere Richtung ist das Metaverse, welches gerade für eine junge Generation von DesignerInnen dazu zu werden scheint, was in den 1960er Jahren das Weltall verkörperte – ein neuer Raum für Projektionen und Experimente, ein gedanklicher Freiraum, den es mit kreativen Ideen und Entwürfen zu füllen gilt. Stellvertretend für diesen Ansatz präsentiert die Ausstellung das Werk von Andrés Reisinger, dem momentan wohl bekanntesten Künstler und Designer, der fast ausschließlich für das Metaverse entwirft. Reisingers digitale Kunstwerke, die oft Möbeldesigns abbilden, werden als NFTs gehandelt und erzielen hohe Aufmerksamkeit. Seine perfekt inszenierten Traumlandschaften bringen die Ästhetik und die Befindlichkeit einer digitalen Generation zum Ausdruck und zeigen deutliche Anleihen an die Bildwelt früherer Science-Fiction-Filme. Die Ausstellung präsentiert Reisingers »Shipping Series« (2021) sowie seinen Hortensia Chair (2018) – ein verspieltes und zugleich futuristisches Objekt, das der Künstler und Designer zuerst als NFT entwickelte und erst danach als echtes Möbel fertigen ließ. Auch die Kreativdirektion der Ausstellung stammt von Andrés Reisinger. 

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