Die erste institutionelle Einzelausstellung zum künstlerischen Schaffen von Tamuna Sirbiladze (1971–2016) umfasst Malerei, Zeichnung und Installation. In Tiflis geboren, entwickelt Sirbiladze in Wien ihre künstlerische Handschrift, die sich durch einen ausgeprägten expressiven Stil und eine anthropomorphe Bildsprache auszeichnet.

Wiederkehrende Themen in Sirbiladzes Malerei sind der menschliche Körper, Sexualität und Verletzlichkeit, die sie mittels eines souveränen Formenvokabulars zunächst in stark figurativer Weise umsetzt, um sich später vermehrt der Abstraktion zuzuwenden. Dabei zeigt sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt die schonungslose, teils drastische Qualität in der Darstellung der genannten Themen, in die auch Selbstbetrachtung (und -befragung) der Künstlerin mit einfließt. Gleichsam zeichnet sich in ihrem Schaffen eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kunst- und Malereikanon ab, die sich im akribischen Studium von ikonischen Werken alter Meister äußert. Mit scharfem Blick und feinem malerischem Gespür interpretiert Sirbiladze die kunsthistorischen Vorlagen, um mittels der subjektiven Akzentuierung von Attributen das kunsthistorisch konnotierte Männerbild zu hinterfragen. Referenzen auf Künstlerpersönlichkeiten wie Vincent van Gogh, Henri Matisse oder Martin Kippenberger ziehen sich ebenso durch ihr Œuvre wie religiöse Bildinhalte, etwa das wiederkehrende Motiv des Granatapfels: Nationalfrucht Georgiens und christliches Symbol für Fruchtbarkeit.

Not Cool but Compelling lautet der lakonische Titel einer großformatigen, mit Ölstift auf Leinwand ausgeführten abstrakten Arbeit aus dem Jahr 2011; er umschreibt treffend, worum es Tamuna Sirbiladze in ihrer eigenen Arbeit stets ging, nämlich ihrer Kunstvorstellung eine zwingende Form zu verleihen, ohne dabei den ästhetischen Konventionen ihrer Zeit verpflichtet zu sein.

Kuratiert von Sergey Harutoonian.
Assistenzkuratorin: Vasilena Stoyanova

Biografie

Tamuna Sirbiladze wird am 12. Februar 1971 in Tiflis geboren, wo sie von 1989 bis 1994 an der Staatlichen Kunstakademie ein Malereistudium absolviert. 1997 zieht sie nach Wien. Ihre künstlerische Ausbildung setzt Sirbiladze bis 2003 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Franz Graf und Heimo Zobernig und an der Slade School of Fine Art in London fort. Während ihres Studiums in Wien lernt sie den österreichischen Künstler Franz West (1947–2012) kennen, den sie 2002 heiratet und mit dem sie bis zu seinem Tod 2012 an mehreren Kunstprojekten zusammenarbeitet. Ab 2003 stellt Tamuna Sirbiladze in nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen aus, u. a. in den Deichtorhallen, Hamburg, in der Saatchi Gallery, London, in der Galerie Almine Rech, Brüssel und in der Charim Galerie in Wien. Am 2. März 2016 stirbt die Künstlerin im Alter von 45 Jahren.

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