Energie ist die zentrale Antriebskraft unserer Gesellschaft: Energie ist politisch, Energie ist unsichtbar, Energie ist allgegenwärtig. Sämtliche Bauten, Infrastrukturen und Produkte für die Gewinnung, Verteilung und Nutzung von Energie werden von Menschen gestaltet. In der aktuellen Energiewende spielt Design daher eine wichtige Rolle. Die Ausstellung »Transform! Design und die Zukunft der Energie« widmet sich der Transformation des Energiesektors aus der Designperspektive: Vom Alltagsprodukt für die Nutzung erneuerbarer Energien bis zur Gestaltung von Solarhäusern und Windkraftanlagen, vom intelligenten Mobilitätskonzept bis zur Zukunftsvision energieautarker Städte. Wie muss ein energieeffizientes Produkt gestaltet sein? Wie kann Design dazu beitragen, dass erneuerbare Energien stärker genutzt werden? Was können Industrie, Politik und wir alle zum Gelingen der Energiewende beitragen?

Um den weltweiten CO²-Ausstoß zu verringern und den Klimawandel aufzuhalten, ist die Abkehr von fossilen Energieträgern dringend notwendig. So wie die Abhängigkeit von nichterneuerbaren Rohstoffen unseren Alltag bis ins Kleinste geprägt hat, wird auch die fortschreitende Umstellung auf erneuerbare Energien künftig unser Leben beeinflussen. Hier kommt Design ins Spiel, denn die Energiewende muss gestaltet werden. Design vermittelt zwischen Forschung und den NutzerInnen, es zeigt wie neue Technologien eingesetzt werden können, und oft entscheidet es darüber, ob neue Lösungen akzeptiert werden oder nicht. Die Ausstellung »Transform! Design und die Zukunft der Energie« beginnt mit einem Fokus auf den Menschen und dem menschlichen Körper und weitet dann den Blick auf unsere Alltagsobjekte, auf die Stadt, auf unsere gesamte Energielandschaft aus. Unter den Exponaten finden sich innovatives und experimentelles Produktdesign, spekulative Designprojekte, Filme sowie architektonische Vorbilder und Zukunftsvisionen.

»Human Power«: Zum Auftakt der Ausstellung sind die BesucherInnen dazu eingeladen ihr eigenes Energiepotential zu entdecken. Auf Heimtrainern lässt sich erleben, wie lange man in die Pedale treten muss, um ausreichend Strom für ganz alltägliche Tätigkeiten zu produzieren: Kaffee kochen, im Internet Surfen oder heiß Duschen. »Power« bedeutet Kraft und politische Macht zugleich. Eine Auswahl internationaler Plakate und Protestschilder, Handzettel und Flugblätter vermittelt die Entwicklung der Energiepolitik und die Möglichkeiten jedes Einzelnen, darauf Einfluss zu nehmen: Vom »Atoms for Peace«-Programm der US-amerikanischen Regierung zur Anti-Atomkraft-Bewegung, vom Werben für erneuerbare Energien bis zum zivilen Widerstand gegen Solarkraftwerke und Windparks, die von global agierenden Unternehmen installiert werden. Eine Diaschau zur »Petroleumscape« illustriert wie das Erdöl als Energiequelle unsere Landschaften und Lebensgewohnheiten geformt hat und wie herausfordernd es sein wird, sich von diesem Kraftstoff und unserer Abhängigkeit davon zu befreien.

Der zweite Bereich der Ausstellung versammelt unter dem Begriff »Energy Tools« Produkte, Prototypen und Experimente für das Leben unabhängig von einem Stromnetzwerk. So integriert Pauline van Dongen Photovoltaik-Zellen in Kleidung, wie bei ihrem Solar Shirt (2015) oder in Stoffpaneelen wie bei Suntex (2022). Der Hydrogen Cooker von Stefan Troendle ist der Prototyp einer Kochvorrichtung, die mit grünem Wasserstoff betrieben wird. Tobias Trübenbachers Straßenlaterne Papilio versorgt sich über ein integriertes Windrad selbst mit Energie. Marjan van Aubels Hängeleuchte Sunne ist solarbetrieben und ahmt mit ihrem atmosphärischen Licht das Sonnenlicht von Aufgang bis Untergang nach. Mit seinem spekulativen Projekt »Available Networks« untersucht Pablo Bras, wie wir die Energieströme in und um das Haus – vom Wind, der um das Dach weht bis zum Regenwasser im Fallrohr – nutzen könnten, um damit kleine Energiemengen zu produzieren; und was es bedeuten würde, wenn wir damit auskommen wollten. Ausgewählte historische Projekte zeigen in diesem Bereich, dass die Idee einer autarken Stromversorgung DesignerInnen schon früh inspiriert hat. Die so genannte Solar Do-Nothing Machine von Ray und Charles Eames etwa nutzte schon in den 1950er Jahren Sonnenenergie, um damit eine bewegliche Skulptur anzutreiben.

Im dritten Bereich der Ausstellung werden unter dem Titel »Transformer« innovative Ansätze aus Architektur und Mobilität gezeigt. Allein das Bauwesen ist für rund ein Drittel des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich, der Anteil des Verkehrssektors ist fast ebenso hoch. Das von dem Architekturbüro Snøhetta entworfene Powerhouse Brattørkaia in Trondheim gilt als das nördlichste energiepositive Gebäude der Welt – es produziert mehr als doppelt so viel Energie wie es verbraucht und speist den Überschuss in ein lokales Mikronetz ein. Das Plusenergie-Quartier P18 in Bad Cannstatt von Werner Sobek und AktivHaus ist aufgrund einer Kombination aus Wärmepumpen, Photovoltaik und kontrollierter Wohnraumbelüftung, heizungstechnisch autark. Das Day After House von TAKK architecture wiederum zeigt, dass die Verbesserung der Energiebilanz bestehender Gebäude nicht unbedingt Hightech erfordert: Dank eines klugen Raumkonzepts mit verschiedenen Klimazonen und natürlicher Dämmstoffe muss das Apartment wenig bis gar nicht geheizt werden.

Durch die Mobilitätswende vom Verbrenner zum Elektromotor gewinnt Solarenergie auch für den Verkehr an Bedeutung. Vorreiter dafür sind experimentelle Solarautos wie der Covestro Sonnenwagen, der mit einer Solarzellenfläche von rund 2,5 m² eine Reichweite von bis zu 500 km hat. Photovoltaik wird von Unternehmen wie dem deutschen Startup Sonos jedoch auch in Serienfahrzeuge integriert. Um den Kurier- und Paketdienst nachhaltiger zu gestalten setzt das Unternehmen ONO auf E-Cargobikes und eine Kombination aus Elektromotor und Muskelkraft.

Alle Formen der Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung haben einen räumlichen Fußabdruck: Sei es beim Abbau dafür erforderlicher Rohstoffe, sei es für die Bauten, in denen Energie erzeugt oder umgewandelt wird, sei es für die Infrastrukturen, mittels derer Energie gespeichert und verteilt wird. Der Bereich »Future Energyscapes« widmet sich der Frage, wie künftige Energielandschaften aussehen könnten. Dazu gehören neue Typologien für Energiespeicher, wie der Energiebunker Hamburg oder Hot Heart, Carlo Rattis thermische Energiezwischenspeicherung der Stadt Helsinki. Auch Ideen für die zukünftige Energieproduktion werden hier gezeigt: Von den Windradmodellen, die StudentInnen der ECAL in Lausanne für die kanadische Insel Fogo entworfen haben bis zur Vision »Eneropa«, die der niederländische Think Tank AMO um Rem Koolhaas ins Leben gerufen hat. Historische Vorläufer sind die von Herman Sörgel in den 1930er Jahren konzipierte Utopie eines von Wasserkraft versorgten »Atlantropa« oder das »World Game« von Buckminster Fuller, mit dem er alle Energievorräte und Ressourcen der Welt von einem globalen Computerhirn steuern lassen wollte.

»Transform! Design und die Zukunft der Energie« macht deutlich, dass die Gestaltung der Energiewende mehr umfassen muss als die Ausweitung erneuerbarer Energien. Von nicht weniger Bedeutung ist die intelligente Gestaltung von Alltagsgegenständen sowie die Umsetzung von städtebaulichen und infrastrukturellen Zukunftsideen. Schon heute tragen DesignerInnen und ArchitektInnen weltweit wichtige Ideen bei, um unseren Energieverbrauch zu senken, unseren energieintensiven Lebensstil zu verändern und die Energiewende mit zu gestalten. Die Ausstellung »Transform!« zeigt, dass Energie eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist – aber auch eine der größten gestalterischen Chancen.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit rund 200 Abbildungen und etwa 100 wegweisenden Projekten aus Design, Architektur und Stadtplanung, die sich mit dem Thema Energie beschäftigen. Mit Textbeiträgen von Catharine Rossi, Stephan Rammler, Ivan Illich, Daniel A. Barber, Donatella Germanese, Carola Hein. Gestaltung Helen Stelthove; Leineneinband, Softcover mit Fadenheftung, ISBN 978-3-945852-59-0 (DE), 55,00 €, auch online erhältlich unter: www.designmuseum.de/shop

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